zum Hauptinhalt

Berlin: Brandenburger Tor: Weiß oder Nicht-Weiß - das bleibt hier die Frage

Spaß hat es ihnen gemacht, kreuz und quer durch das Gerüst ums Brandenburger Tor zu kraxeln, den 160 roten und "rötlich angehauchten" Gästen des SPD-nahen Vereins Soziale Demokratie Berlin-Brandenburg. Mittendrin dessen Vorsitzender, Walter Momper, als gutgelaunter Tourist in der eigenen Stadt.

Spaß hat es ihnen gemacht, kreuz und quer durch das Gerüst ums Brandenburger Tor zu kraxeln, den 160 roten und "rötlich angehauchten" Gästen des SPD-nahen Vereins Soziale Demokratie Berlin-Brandenburg. Mittendrin dessen Vorsitzender, Walter Momper, als gutgelaunter Tourist in der eigenen Stadt. Einer der Tor-Besucher, ein nach eigenem Bekunden "sozial denkender" Unternehmer, bekennt sogar, er habe eigentlich die Rote Fahne über der Quadriga hissen wollen, und über das rotgefrorene Gesicht geht ein jungenhaftes Lächeln. Aber es sei dort oben vom festgetretenen Schnee so gefährlich glatt. Mitglieder eines Südberliner SPD-Ortsverbandes, die hinter Momper die enge Metallstiege heruntertrippeln, murmeln etwas davon, dass sie sonst nicht zu der engsten Gefolgschaft des Mannes mit dem roten Schal gehören.

Für Helmut Engel, den früheren Obersten Denkmalpfleger und heutigen Geschäftsführer der Stiftung Denkmalschutz Berlin, war die Baustellenbegehung kein reiner Spaß. Nur knapp diplomatisch bemäntelt argumentierte er für eine längere Sanierungszeit des seit Oktober letzten Jahres eingerüsteten Brandenburger Tores. Die nur 16-monatige Bauzeit sei gegenüber der ursprünglich veranschlagten Frist von 24 Monaten ein Kompromiss - erzwungen vom Senat: Solange könne man das Tor den Bürgern und den Touristen nicht entziehen.

Nun leide eben, klagt Engel, "die Gründlichkeit der Sanierung". Nicht alle Schadstellen an den Sandsteinquadern der Torsäulen können ausgebessert werden. Die Gitterkonstruktion aus Stahlträgern, die im Dachbereich über den Tordurchfahrten eingezogen werden sollte, um Schwingungen abzuleiten, wird nicht realisiert. Außerdem könnten die Sicherungskopien von den Herkules-Reliefs nicht abgenommen werden.

Schließlich könne der "Pflegeplan" für das Tor nicht wie geplant vorbereitet werden. So sei eine dreidimensionale, computergestützte Kartierung der Schadstellen an den Säulen nicht finanziert. "4,9 Millionen Mark sind der Deckel", stellt Engel achselzuckend fest. Die 3-D-Dokumentation hätte er dem Bausenator gerne Anfang 2002, zur Wiedereröffnung, vorgelegt: "Das sind die Schäden, da muss man alle fünf Jahre ran." Leben müsse man mit dem "Dilemma" der zu knappen Sanierungszeit, grollt Engel. Aber hoffen müsse man auf "Wunder und Wege, doch noch aus diesem Dilemma herauszukommen."

Säulen des Pflegeplans sind die Ausbesserungsarbeiten an den Säulen: Wo Einschussstellen von diversen Kämpfen um Berlin mit Mörtel gefüllt oder nicht ganz passgenau mit Sandsteinlagen ergänzt wurden, sollten 450 Sandsteinquader ausgetauscht werden. Jetzt, nachdem die Schäden aufgenommen sind, müssten 750 ausgetauscht werden, sagt Bauleiter Reinhard Müller. Der Abschied vom Patchworkmuster ist noch nicht sicher. Gesäubert aber werden die schwarz angelaufenen und mit bis zu fünf Farbschichten überzogenen Sandsteinquader auf jeden Fall. Bleibt die Diskussion über den Anstrich. Das strahlende Weiß, das Baumeister Carl Gotthard Langhans dem Tor verordnet hatte, um die Illusion von Carraramarmor zu erzeugen, ist schon fast vom Tisch. Am einfachsten, erklärt Denkmalschützer Engel, wäre es, die gesäuberten Steine naturbelassen zu präsentieren. Nach vier Jahren wären sie aber wieder schwarz vom staubigen Niederschlag der verkehrsreichen Großstadt. Ein deckender weißer Anstrich hätte den entscheidenden Vorteil, "das Brandenburger Tor optisch aus der Randbebauung des Pariser Platzes hervorzuheben", betont Helmut Engel. Aber das Weiß ist zwischen Spezialisten, Politikern und der öffentlichen Meinung überaus umstritten. Wieder bietet sich ein Kompromiss an, mit dem Engel aber gut leben könnte: Ein durchscheinender Anstrich mit einer Lasur, der zur optischen Aufhellung Pigmente beigemengt werden. "Die Sache mit dem transluzenten Anstrich" klingt auch für Walter Momper überzeugend. Was eine längere Sanierungszeit betrifft, macht Momper den Denkmalschützern Mut, klare Forderungen zu stellen: "Wenn die Experten jetzt sagen, es geht nicht anders, wird sich die Politik nicht verweigern können."

Zur Startseite