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Berlin: Bundestags-Kita: "Der Brocken hätte ein Kind verletzen können"

Pfusch am Bau ist die Ursache für den bröckelnden Putz in der Kindertagesstätte des Bundestages im Berliner Spreebogen. Das Material, das den Putz an Wänden und Decken fixieren soll, entwickelte nicht genug Haftkraft, wie Gutachter jetzt feststellten.

Pfusch am Bau ist die Ursache für den bröckelnden Putz in der Kindertagesstätte des Bundestages im Berliner Spreebogen. Das Material, das den Putz an Wänden und Decken fixieren soll, entwickelte nicht genug Haftkraft, wie Gutachter jetzt feststellten. Wie berichtet, ist am vergangenen Freitag ein etwa drei Quadratmeter großes Stück Putz von der Decke heruntergefallen. An vier weiteren Stellen wurde lockerer Putz festgestellt. "Die Baufirma muss den Schaden im Rahmen der Gewährleistung wiedergutmachen", sagt André Lundt, Pressesprecher der Bundesbaugesellschaft. "Das kostet den Steuerzahler keinen Pfennig." Die Arbeiten an dem erst 1999 für zehn Millionen Mark errichteten Bau werden etwa zwei bis drei Wochen dauern. Dabei wird eine Stützkonstruktion aus Gipskarton eingezogen, die jedes weitere Abplatzen von Putz verhindern soll.

Während der Bauarbeiten bleibt die Kita geschlossen - aus Sicherheitsgründen, betont Lundt. Dass kein Kind durch die herabstürzenden Brocken zu Schaden kam, ist ein reiner Glücksfall. "Die größeren Stücke entwickelten ein Aufschlagskraft von etwa 15 Kilogramm und hätten ein kleines Kind ernsthaft verletzen können." Doch der Unfall geschah in den frühen Morgenstunden in der leeren Kita. Da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass weiterer Putz herabfällt, wurde die Kita sofort geräumt.

Keine Sitzungen, genug Platz

Die 63 Kinder im Alter von 18 Monaten bis zu zehn Jahren sind derzeit in freien Sitzungsräumen des Bundestages untergebracht. "Wir habe in den nächsten zwei Wochen keine Sitzungen, da ist also genügend Platz", sagt eine Sprecherin der Bundestagsverwaltung. Man habe darauf verzichtet, die Kinder in Kitas der näheren Umgebung unterzubringen, in denen es durchaus freie Plätze gegeben hätte. "Die Kinder sind teilweise noch sehr klein, da ist die Umgewöhnung an neue Räume und neue Betreuer sehr schwierig", so die Sprecherin.

Es ist nicht das erste Mal, dass in einem Neubau des Bundes der Putz bröckelt. Im vergangenen Dezember geschah Ähnliches im Neubau-Teil des Außenministeriums. In insgesamt 30 Büros bildeten sich Risse, in manchen kamen kleinere Putzteile herunter. Bei einer Begehung wurden weitere lockere Putzstellen festgestellt. Auch hier war die mangelnde Haftkraft des Untermaterials die Ursache für das Abbröckeln, sagt Andreas Kübler, Pressesprecher des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung. "Das kann schon mal passieren, wenn unter hohem Zeitdruck gearbeitet wird." Wenn der Unterputz nicht richtig verarbeitet und aufgetragen wird, platzt er nach einer Weile weg. "Das waren nur Krümel, nicht mit dem großen Stück zu vergleichen, das jetzt in der Bundestags-Kita herunterkam", sagt Kübler. Auch hier gingen die inzwischen abgeschlossenen Reparaturarbeiten zu Lasten der mit der Verputzung beauftragten Firma - übrigens nicht jener, die für die Bundestagskita zuständig war.

Kenner der Baubranche sprechen mittlerweile von einer auffälligen Häufung vergleichbarer Fälle in den letzten zwei Jahren. "Das ist ein bundesweites Phänomen", bestätigt Bernd Hillemeier, Professor für Bauingenieurwesen an der Technischen Universität. Allein in Nordrhein-Westfalen kamen auf diese Weise über 100 Putzdecken wieder herunter. "Auch in Berlin müssen wir einen deutlichen Anstieg solcher Schäden feststellen."

Erst langsam beginnen nun die großen Baufirmen und Hersteller von Verputzmaterialien zu forschen, woran das liegt. Die neuen Materialien könnten eine Ursache sein, vermutet Hillemeier. "Viele der neuen Unterputzwerkstoffe brauchen ein bis zwei Tage zum Aushärten, bevor der Gipsputz aufgetragen werde kann." Doch der enorme Zeitdruck auf den Baustellen führe manchmal dazu, dass diese Zeit nicht eingehalten werde.

Hillemeier beklagt, dass durch die Entlassungen in der krisengeschüttelten Bauindustrie viel Fachkompetenz verloren gehe. Außerdem lieferten die Hersteller häufig keine genauen Arbeitsanweisungen mit, wie ihr Material zu verarbeiten ist. "Die kleinen mittelständischen Firmen müssen für Schäden dann geradestehen, aber die wahre Verantwortung liegt bei den Herstellern", sagt Hillemeier.

Offiziell wird dieser Trend jedoch nicht bestätigt. Andreas Kübler, Sprecher des für die Baubranche zuständigen Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung: "Es handelt sich dabei um Einzelfälle."

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