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Berlin: Bundestagsbauten: 590 Millionen Mark zu viel verbaut

Die neuen Bürogebäude der Bundestagsabgeordneten stehen auf Sand. Das wird teuer: Mindestens 590 Millionen Mark mehr als geplant werden laut Bundesbaugesellschaft (BBB) fällig.

Die neuen Bürogebäude der Bundestagsabgeordneten stehen auf Sand. Das wird teuer: Mindestens 590 Millionen Mark mehr als geplant werden laut Bundesbaugesellschaft (BBB) fällig. 140 Millionen mehr muss der Bund allein für "Baugrundschwierigkeiten" beim Jakob-Kaiser-Haus zahlen, wie die BBB zugibt. In einem Bericht an den Bundestags-Haushaltsauschuss, der dem Tagesspiegel vorliegt, gibt sie die Mehrkosten in Prozent an. Danach muss das Bundesfinanzministerium bis zu 13 Prozent mehr ausgeben als bewilligt. Die bundeseigene BBB ist zuständig für die Bauten am Reichstag, das Kanzleramt und die Abgeordneten-Komplexe.

Allein für diese drei Gebäude, also das Jakob-Kaiser-Haus, das Paul-Löbe-Haus und das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, könnten die Mehrkosten "über 500 Millionen Mark liegen, wenn alles schief geht", sagt Jürgen Koppelin, Haushaltsexperte der FDP. Bei der Planung 1997 waren 1,928 Milliarden Mark als Baukosten veranschlagt worden, tatsächlich wird es wohl bis zu 25 Prozent teurer.

Zusätzlich fordern die Bauunternehmen rund 400 Millionen Mark von der Bundesbaugesellschaft nach. Davon seien 190 Millionen Mark berechtigt, gesteht die BBB ein. Die Summe muss noch in diesem Haushaltsjahr zurückgestellt werden. Die Baugesellschaft ihrerseits fordert 60 Millionen Mark von den Firmen.

Der Bauherr Bund stellt sich schon auf jahrelange Gerichtsverfahren ein. "Dabei ist illusorisch, dass da noch was zu holen ist", sagt Franziska Eichstädt-Bohlig, Haushalts- und Bauexpertin der Grünen. Regressansprüche gegenüber den Unternehmen durchzusetzen, sei sehr schwierig, da die BBB sich die Kostenexplosion selbst zuzuschreiben habe. Ursprünglich sollten alle Bundesbauten zusammen 20 Milliarden Mark kosten. Die BBB allerdings "plante sehr großzügig und nutzte diesen Kostenrahmen bis zum Anschlag aus", sagt Eichstädt-Bohlig. "Das System bricht jetzt zusammen."

Nur zehn Prozent Schwankungsbreite plante die BBB als Puffer ein, bei Bauvorhaben dieser Dimension eine zu vernachlässigende Größe. BBB-Geschäftsführer Kretschmer jedoch wollte die Kosten in den neunziger Jahren durch die Ausschreibungen wieder hereinholen und so im Nachhinein bei seinem Etat bleiben. Dies gelang ihm unter anderem deswegen nicht, weil die Ausschreibungen falsch kalkuliert waren, mithin die Kosten im Lauf der Jahre steigen statt sinken mussten.

Immer wieder sei er auf die BBB "reingefallen", gesteht Koppelin zermürbt. Im Hauhaltsausschuss hat er sich am Mittwoch wieder Beschwichtigungen angehört und kommt zu dem Schluss: "Wir können die Leute nicht packen." Den Parlamentariern bleibt nichts anderes übrig als weiter auf den Umzug zu warten, der voraussichtlich noch einmal verschoben wird. Die Verzögerung kostet Bundestagspräsident Wolfgang Thierse weitere zehn Millionen Mark für Miete und Nebenkosten.

Ulrike Fokken

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