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Der Tiergarten ist Berlins größte innerstädtische Grünfläche mit Schatten für heiße Tage.

© picture alliance/dpa/Kay Nietfeld

Bündnis plant Volksentscheid in Berlin: Jetzt liegt das „Bäume-Plus-Gesetz“ beim Senat

Die „Initiative Volksentscheid Baum“ hat ihr Gesetz überarbeitet. Es soll Berlin fit machen für den Klimawandel. Nun muss der Senat die Folgekosten ermitteln.

Bis Ende 2027 soll Berlin rund 10.000 neue Straßenbäume bekommen, bis 2040 mindestens 300.000. Der erste Schub soll nur den Schwund der vergangenen 14 Jahre ausgleichen. Der zweite ergibt sich aus dem Netz der Berliner Straßen, an denen künftig alle 15 Meter ein Baum stehen soll, der Passanten Schatten spendet und das Mikroklima verbessert. Dieses Vorhaben ist Kern des „Bäume-Plus-Gesetzes“, über das die Berliner am Termin der nächsten Wahl zum Abgeordnetenhaus 2026 abstimmen sollen.

Mit dem Gesetz soll Berlin an den Klimawandel mit zunehmender Hitze und häufigeren Unwettern angepasst werden. Die Initiatoren haben den Entwurf nach der ersten Präsentation im März deutlich überarbeitet und am Montag bei der Innenverwaltung eingereicht. Die muss nun binnen zwei Monaten die Folgekosten abschätzen. Zu deren Höhe hat die Initiative um Heinrich Strößenreuther – den Initiator des im Mobilitätsgesetz gemündeten Fahrrad-Volksbegehrens – selbst zwar keine genaue Zahl parat, doch sie hält die Größenordnung von einer Milliarde Euro für realistisch.

Das Gros dieses Geldes würde für die Schaffung zusätzlicher und größerer Baumscheiben sowie die Pflanzung und spätere Pflege der Straßenbäume verwendet, aber auch für mehr Regenwasserversickerung und die Anlage schattiger „Kühlinseln“ in maximal 150 Meter Entfernung für alle Berliner sowie kühlender Grünflächen alle 500 Meter. Ziel ist, die sommerlichen Spitzentemperaturen um zwei bis drei Grad zu senken. Ein wissenschaftlicher „Risikowetterrat“ soll die Fortschritte überprüfen und Rechtfertigungsdruck auf die Landespolitik erzeugen, wenn die Ziele verfehlt werden.

Der Fokus liegt auf besonders belasteten Berliner Kiezen

Die amtliche Kostenschätzung kann den Initiatoren auch als Basis für eine eigene Berechnung dienen, in der sie den Investitionen beispielsweise vermiedene Krankheitskosten, Todesfälle und Sachschäden gegenrechnet. „Das Ahrtal hat den Steuerzahler 30 Milliarden gekostet“, nennt Strößenreuther ein Extrembeispiel.

Die vier von der Baumstelle: Felix Mühlmann, Génica Schäfgen, Heinrich Strößenreuther, Katharina Baudisch.

© Stefan Jacobs

Im Unterschied zum ersten Gesetzentwurf sind die Vorgaben zur Klimaanpassung zeitlich gestreckt und stärker auf jene rund 150 von 542 amtlich definierten Planungsräumen fokussiert, die wegen mangelhafter Versorgung mit sauberer Luft und Grünflächen laut Senatsdaten als besonders belastet gelten. Weil das Gesetz sich stärker auf die leichte Erreichbarkeit der nächsten Grünanlage als auf deren Größe im Verhältnis zur Einwohnerzahl konzentriere, sinkt laut Strößenreuther die benötigte Fläche für das Grün, das absehbar mit dem Baulandbedarf für die wachsende Stadt konkurriert.

Bei der nächsten Berlin-Wahl könnte auch der Volksentscheid stattfinden

Nach der Kostenschätzung steht die Sammlung von rund 20.000 Unterschriften an, um das Volksbegehren einzuleiten. Danach hat die Verwaltung fünf Monate Zeit für die juristische Prüfung des Anliegens, bevor im nächsten Sommer rund 250.000 Unterschriften gesammelt werden und im Herbst 2026 die Abstimmung stattfinden könnten – sofern das Abgeordnetenhaus das Anliegen bis dahin nicht schon im Wesentlichen übernommen hat wie im Fall des Mobilitätsgesetzes.

Am Abstimmungserfolg zweifeln die Initiatoren nicht. Nach den Worten von Génica Schäfgen, Deutschland-Chefin der als Anschubfinancier beteiligten Suchmaschine Ecosia, geht es um nichts Geringeres als das Überleben „unabhängig vom Geldbeutel“. Mit jedem neuen rekordwarmen Monat werde die Klimakrise mehr zur Gesundheitskrise, die vor allem Senioren, Frauen und Arme gefährde.

Die am Gesetzentwurf beteiligte Anwältin Katharina Baudisch sagt, sie sehe eine deutliche Tendenz der Gerichte, Klimaschutz als Menschenrecht zu werten, das der Staat zu schützen habe. Nach Auskunft von Strößenreuther haben die Initiatoren die Umweltverwaltung vier Mal kontaktiert, aber mehr als ein kurzes Gespräch mit Umweltstaatssekretärin Britta Behrendt (CDU) sei bisher nicht zustandegekommen.

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