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Berlin: CDU-Chef gibt drei Wochen vor dem Parteitag auf

Joachim Zeller tritt bei der Wahl zum Vorsitzenden nicht mehr an und will sich auf sein Amt als Bezirksbürgermeister konzentrieren

Die Entscheidung überraschte die Parteifreunde: In einem Brief an die zwölf Kreisvorsitzenden und den Ehrenvorsitzenden Eberhard Diepgen teilte Joachim Zeller gestern mit, dass er auf dem Wahlparteitag am 28. Mai nicht wieder für den Landesvorsitz der CDU kandidieren wird. Zeller begründete dies mit einer schweren Krankheit seiner Mutter, um deren Pflege er sich intensiv kümmert. Außerdem wolle er sich künftig stärker auf sein Amt als Bezirksbürgermeister von Mitte konzentrieren.

„Ich bin erstaunt über die Art und Weise, wie Zeller seine Entscheidung öffentlich gemacht hat", sagte der CDUKreisvorsitzende in Friedrichshain-Kreuzberg, Kurt Wansner, dem Tagesspiegel. „Ich hätte erwartet, dass er vorher mit uns redet.“ Das Gespräch suchte Zeller aber nur mit engen Vertrauten, die er schon in der vergangenen Woche in seine Überlegungen einbezog. Ansonsten kehrte der CDU-Landeschef schon vor gut drei Wochen der Parteiarbeit den Rücken. „Es gab keinen Kontakt mehr“, bestätigte der CDU-Kreischef in Steglitz-Zehlendorf, Michael Braun. Auslösendes Moment waren offenbar nicht die innerparteilichen Querelen um Zeller, sondern ein Schlaganfall seiner Mutter. Das habe ihn völlig schockiert; er habe seitdem „neben sich gestanden“, hieß es gestern in Parteikreisen.

Braun, nicht gerade ein Freund des Parteichefs, nannte die Begründung Zellers „glaubhaft“. Trotzdem treffe diese Entscheidung den CDU-Landesverband unvorbereitet. Innerhalb von dreieinhalb Wochen muss nun ein Nachfolger gefunden werden. Kommt nun die Zeit des Fraktionsvorsitzenden Nicolas Zimmer? Der CDU-Kreischef in Mitte, Stephan Tromp nannte den Namen nicht, sagte aber: „Wir müssen in dieser schwierigen Situation die Ressourcen bündeln und eine Konstellation finden, die Fraktion und Partei enger miteinander verknüpft.“ Zimmer und Zeller waren gestern nicht zu sprechen. Für Kurt Wansner, Kreuzberger Urgestein der Union, ist etwas anderes wichtig: „Wir brauchen einen Vorsitzenden, der bei den Menschen ankommt; vor allem bei den sozial Schwachen." Und es müsse ein Kandidat sein, der auf dem Wahlparteitag ein „hervorragendes Ergebnis bekommt“. Mindestens 80 Prozent.

Einig ist man sich in der Union wohl darüber, dass der neue Chef nicht der Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhauswahl 2006 sein wird. Heute Abend trifft sich, lange geplant, erstmal die Wahlvorbereitungskommission der CDU – unter dem Vorsitz des dienstältesten Kreisvorsitzenden, des Europaabgeordnete Ingo Schmitt aus Charlottenburg-Wilmersdorf. Die Kommissions-Sitzung, auf der es normalerweise um Formalien gegangen wäre, wird nun zur Krisenrunde.

Joachim Zeller führt die Berliner CDU seit 2003. Dem Landesvorstand gehört er seit 1991 an, seit fast zehn Jahren ist er Bezirksbürgermeister in Mitte. Nach der Wahl 2006 wäre er gern in den Bundestag eingezogen. Ob sich angesichts der neuen Situation dieser Wunsch noch erfüllen lässt, bleibt vorläufig offen.

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