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Check-in mit „Papierlisten und Bleistift“: Cyberangriff trifft europäische Flughäfen – teils mehrstündige Verspätungen am BER
Ein europaweiter Dienstleister für Check-in und Boarding an Flughäfen ist Opfer eines Cyberangriffs geworden. Auswirkungen sind auch am BER zu spüren. Das müssen Passagiere jetzt wissen.
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Ein Cyberangriff hat Auswirkungen auf den Flugbetrieb in Europa und beeinträchtigte am Samstag auch massiv die Abfertigung am Berliner Flughafen BER. Dutzende Flüge waren dadurch verspätet, teils mehrere Stunden. Ein Dienstleister für die Systeme zur Passagierabfertigung war am Freitagabend angegriffen worden, wie der Flughafen mitteilte. Die Verbindungen zu den Systemen habe der BER aus Sicherheitsgründen daraufhin gekappt. Passagiere mussten daraufhin mit verlängerten Wartezeiten beim Check-in und Boarding und mit Verspätungen rechnen.
Auch am Abend war das Problem noch nicht behoben. Wie lange der Ausfall noch dauern werde, sei unklar, sagte ein BER-Sprecher. Ein Krisenstab sei eingerichtet worden. Ausgeschlossen sei nicht, dass das auch am Sonntag noch der Fall sei.
„Im Grunde sind alle Flüge betroffen, weil es ein allgemeines System ist. Es ist eine herausfordernde Situation“, berichtete der Sprecher um die Mittagszeit. „Gegen 19 Uhr wurde das Problem am Freitag bei uns gemeldet. Seitdem arbeiten wir an Lösungen.“ Man versuche Verzögerungen zu begrenzen.
Bei dem betroffenen Bodenverkehrsdienstleister handelt es sich um Collins Aerospace, ein Unternehmen, dessen Check-in-System europaweit an Flughäfen im Einsatz ist. Der Sprecher betonte, dass der Flughafen selbst nicht angegriffen wurde, sondern sich die Cyberattacke gegen das System von Collins Aerospace richtete.
US-Unternehmen Collins Aerospace von Cyberangriff betroffen
Das betroffene Unternehmen bestätigte der Deutschen Presse-Agentur „eine cyberbedingte Störung“ an einigen Flughäfen. „Wir arbeiten aktiv daran, das Problem zu beheben und die volle Funktionalität für unsere Kunden schnellstmöglich wiederherzustellen. Die Auswirkungen beschränken sich auf den elektronischen Check-in und die Gepäckabgabe und können durch manuelle Check-in-Vorgänge abgemildert werden“, schrieb Collins Aerospace.
Das US-Unternehmen ist in verschiedenen Bereichen der Luft- und Raumfahrttechnologie tätig. Neben der Herstellung von Komponenten für die Luftfahrindustrie entwickelt Collins Aerospace den Angaben auf der eigenen Homepage zufolge unter anderem Systeme für militärische Anwendungen und ist auch in der Raumfahrttechnologie tätig.
Bis zu fünf Stunden Verspätungen am BER
Während am Morgen und Vormittag der weitaus überwiegende Teil der Starts und Landungen planmäßig erfolgte, waren auf der BER-Website für Abflüge und Ankünfte am frühen Nachmittag nahezu alle Flüge verspätet. Einige Flüge hatten Verspätungen von lediglich zehn bis 15 Minuten, beispielsweise nach Paris, Kopenhagen oder Reykjavík, während sich Flüge nach Helsinki oder München zwischen 30 und 50 Minuten verspäteten.
Teils gab es auch mehrstündige Verspätungen, etwa auf den Strecken nach Amsterdam (fast zwei Stunden) oder Dublin (mehr als zwei Stunden). Eine Maschine nach Zürich, deren Start für 10.30 Uhr geplant war, hob sogar erst um 15.30 Uhr ab. Auch eine Delta-Maschine nach New York startete erst um 11.20 Uhr statt um 9.20 Uhr. Ein Flieger in den ägyptischen Ferienort Hurghada, der um 13.20 Uhr abheben sollte, wurde am Abend für 22.50 Uhr angekündigt. Komplett gestrichen wurde ein Air-France-Flug um 6.20 Uhr nach Paris.
Auch bei den Ankünften gab es einige, jedoch geringfügige Verspätungen. Ein Flug aus Varna in Bulgarien erreichte den BER drei Stunden später als geplant, ein weiterer aus dem griechischen Kos sollte statt um 13.40 Uhr erst um 15.50 Uhr ankommen. Der Großteil der Flüge landete jedoch nach Plan. Nicht ersichtlich war, ob die Verspätungen immer auch auf die IT-Störung zurückzuführen waren.
Was Fahrgäste jetzt tun sollten
Insbesondere an den Schaltern für den Check-in und zur Gepäckabgabe sei mit längeren Wartezeiten zu rechnen, da durch den Ausfall das Boarding nun vom Personal manuell bearbeitet werden müsse, hieß es. „Derzeit versuchen wir, mit Papierlisten und Bleistift zum Abhaken zu arbeiten und bemühen uns um eine schnelle Behebung. Daher dauert es alles länger“, sagte ein Sprecher des Hauptstadt-Airports.
Fluggäste sollten sich besonders gut auf ihren Flug vorbereiten, empfahl der Sprecher. „Alles, was man automatisch und selbst erledigen kann, sollte man eigenständig machen.“ Wie der Sprecher mitteilte, funktionierten die Self-Service-Stationen für Check-in und Gepäck ohne Einschränkungen. „Es ist unsere Empfehlung, diese zu nutzen.“ Auch der Online-Check-in würde funktionieren, jedoch laufe dieser über die Airlines selbst.
Mehrere weitere Flughäfen betroffen – schnelle Lösung in Münster
Neben Berlin waren aber noch andere europäische Flughäfen betroffen, eine Bestätigung dafür gab es von den Flughäfen Brüssel und London Heathrow. Laut der Flugsicherungs-Dachorganisation Eurocontrol gab es auch in Dublin Probleme. Der Flughafen Brüssel bat demnach darum, die Hälfte aller bis Montagmorgen geplanten Abflüge zu streichen. Nach Angaben der BBC kam es in Heathrow bis in die Mittagsstunden zu mehr als 140 Flugverspätungen. In Brüssel waren es demnach mehr als 100, am BER 62.
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Der Flughafen in Münster sei am Freitagabend gegen 22 Uhr betroffen gewesen, sagte eine Sprecherin. Allerdings habe man innerhalb von 30 Minuten auf die eigene IT umstellen können. Auswirkungen für Fluggäste habe es nicht gegeben.
Die Flughäfen Frankfurt, München, Hamburg, Hannover, Dresden, Leipzig/Halle, Düsseldorf, Bremen und Köln berichteten am Morgen, nicht betroffen zu sein. Der Betrieb laufe normal, es gebe keine Einschränkungen. (mit dpa)
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