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Berlin: Das Diplomatenleben kann ganz schön einsam sein

Als Chefin des Clubs „Willkommen in Berlin“ hat Annemarie Ziefer Botschaftsangehörigen die Stadt näher gebracht. Nun hört sie auf.

„In meinem eigentlichen Beruf habe ich nie so viel arbeiten müssen wie in diesem Amt“, sagt Annemarie Ziefer. Sie ist Präsidentin des Diplomatenclubs beim Auswärtigen Amt e.V. „Willkommen in Berlin“. Das Ehrenamt läuft im Juni aus – Zeit für einen Rückblick. Ausgiebig schwärmt die 66-Jährige von der großartigen Zusammenarbeit der 130 Berlinerinnen, die sich im Club dafür engangieren, 470 Diplomaten und deren Angehörigen Deutschland und Berlin näher zu bringen und ihnen ein Zuhause zu schaffen. Sie organisieren Kurse und Begegnungsgruppen zu Themen wie „Oper“, „Porzellanmalerei bei der KPM“, „Deutsche Literatur“ oder auch „Deutsche Konversation“. Vor allem aber öffnen sie ihre Häuser und Wohnungen, schaffen Freundschaften und geben diesem Land ein menschliches Antlitz. Diese PR-Arbeit für Deutschland leistet der Club ehrenamtlich und sehr erfolgreich. In den vergangenen drei Jahren hat sich die Mitgliederzahl fast verdoppelt.

Gemeinsam mit ihrem Mann, der als Diplomat tätig war, hat die Tropenmedizinerin in vielen Ländern der Erde gelebt. Hat ihr Diplom aus der Hand des thailändischen Königs erhalten. Arbeitete unter anderem an der Rockefeller Universität in New York in der Malaria-Forschungsgruppe. Bekam drei Kinder und hat inzwischen fünf Enkelkinder. Neben all dem hat die heute 66-Jährige immer auch ehrenamtlich gearbeitet, zum Beispiel bei der Selbsthilfeorganisation „Operation Hunger“ in Johannesburg, Südafrika.

Frauen haftet oft das Vorurteil an, dass sie nicht konstruktiv miteinander arbeiten können. „Diese Erfahrung kann ich überhaupt nicht teilen“, sagt Annemarie Ziefer. Im Gegenteil, schon an einer von Ursulinen geführten Mädchenschule in Osnabrück hat sie sich immer wohl gefühlt. Bis auf eine Ausnahme hat sie mit Frauen nie schwierige Erfahrungen gemacht: Die Feuerprobe kam vor drei Jahren mit der Übernahme des Präsidentinnenamtes beim Willkommen-Club. Wie bei vielen Organisationen, hatte es vor dem Regierungsumzug 1999 neben dem Club in Bonn auch eine Berliner Entsprechung gegeben, die sich überwiegend um die damals hier ansässigen Gesandten kümmerte. Deren Präsidentin Mania Feilcke führte nach der Fusion zunächst den gesamten Club, der allerdings aus Bonn die strenge Regel mitgebracht hatte, dass das Präsidium alle drei, neuerdings sogar alle zwei Jahre neu gewählt werden muss. Es kam zu Konflikten, in deren Zuge Mania Feilcke mit anderen Frauen den „Ambassadors Club“ gründete. Dieser Coup löste bei vielen Mitgliedern auch der Berliner Dependance damals großes Stirnrunzeln aus. Annemarie Ziefer kriegt man aber nicht dazu, auch nur ein böses Wort über den anderen Club zu äußern, am liebsten würde sie über dieses ganze Thema gar nichts mehr sagen. Lediglich den in diesem Zusammenhang oft geäußerten Begriff von der „Konkurrenz“ weist sie entschieden zurück. „Ich finde, beide Clubs haben ihre Daseinsberechtigung. Manchmal wollen die Exzellenzen ja auch unter sich sein, dafür ist der Ambassadors Club dann richtig.“

Für ihre Arbeit ist es überaus wichtig, die Angehörigen aufzufangen, die sich am Anfang oft sehr verloren fühlen. „Wenn ein Mann irgendwohin versetzt wird, hat er einen Schreibtisch und Mitarbeiter, die ihm sagen, was zu tun ist.“ Von den Frauen wird oft nur verlangt, dass sie unbezahlte Dienste für ihr Land leisten, zum Beispiel repräsentative Aufgaben übernehmen, bei Empfängen als Gastgeberin fungieren etc. Über dieses Thema und die damit verbundenen Ungerechtigkeiten kann Annemarie Ziefer stundenlang reden, sie tut es in Ansprachen auch immer wieder. Als Ärztin hat sie selbst das Glück gehabt, in verschiedenen Ländern Arbeit finden zu können, aber sie weiß, wie wenig selbstverständlich das ist. Auch deshalb arbeitet sie mit in dem Ehrenamt, das ihr einen voll gestopften Terminkalender wie ein Manager beschert. Sie geht zu den Nationalfeiertagen der etwa 120 Botschaften, sie ist bei vielen gesellschaftlichen Anlässen dabei, vom Basketballspiel bis zum Benefizkonzert.

Und jetzt ist sie gerade dabei, ein Diplomatinnen-Netzwerk aufzubauen, denn immer mehr Botschafterposten werden von Frauen besetzt, was auch bedeutet, dass bei den Angehörigenprogrammen immer mehr Männer dazukommen. Das Netzwerk wird die 66-Jährige wohl weiter betreuen. Sobald ein neues Präsidium gewählt und eingearbeitet ist, wird sie sich zusätzlich nach neuen Aufgaben umsehen, will sich vielleicht um Aids-Waisen kümmern. Die Angewohnheit, berufliche und ehrenamtliche Erfahrungen für eine gute Sache nutzbar zu machen, wird sie wohl nicht mehr los.

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