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Pustekuchen. Auch ein schönes Ritual beim Kindergeburtstag.

© imago/Waldmüller

Was macht die Familie?: Das Leben ist kein Kindergeburtstag

Unser Kolumnist hat wieder einmal den Mount Everest der Erziehung bestiegen - und einen Kindergeburtstag gut überstanden.

Als Mount Everest der Erziehung gilt ja der Kindergeburtstag. Da schlägt man schon Tage vorher sein Basislager auf und schaut ehrfürchtig hoch zum wolkenverhangenen Gipfel. Dann beginnen die letzten Vorbereitungen. Alle nur möglichen Notfälle werden im Kopf durchgespielt und Pläne für sofortige Gegenmaßnahmen aufgestellt. Wenn der Tag des Aufstiegs kommt, versucht man unter Aufbietung aller körperlichen Reserven die Karawane hinauf zum Gipfel zu bringen ohne dabei jemand zu verlieren.

Es gibt sogar noch eine Steigerung zum Kindergeburtstag. Der Herbst- und Winterkindergeburtstag. Da kann man nicht einfach mal die Tür aufmachen und alle fröhlich über die Wiese kullern lassen. Schon Tage vorher muss der Himmel nach herannahenden Tiefdruckgebieten abgesucht werden. Unwetterwahrscheinlichkeiten werden berechnet. Zeitfenster ausgeguckt, wann die Gruppe die Höhle verlassen kann, um zur Schatzsuche aufzubrechen.

Um es vorwegzunehmen: Wir haben es vor vier Tagen überstanden. Alle Kinder sind wieder zu Hause. Kein Nachbar hat die Polizei geholt. Die Wohnung wurde nicht verwüstet. Wir hatten auch Glück mit dem Wetter. Aber es gab natürlich Unwägbarkeiten, die sich vor uns auftaten wie riesige Gletscherspalten.

Als ich draußen den Weg zum Schatz markieren wollte, tauchten auf einmal verwirrende Zeichen auf. Blaue Pfeile, die genau in Richtung des Spielplatzes zeigten, an dem unsere Schatzsuche enden sollte. Zwanzig Meter vor mir kniete ein Vater und malte mit Kreide gerade den nächsten blauen Pfeil auf den Bürgersteig. Nur durch eine schicksalhafte Fügung konnte unsere Expedition noch gerettet werden. Der blaupfeilige Bergführer hatte sich doch einen anderen Spielplatz ausgesucht, um seinen Schatz zu vergraben. An der nächsten Kreuzung trennten sich unsere Pfeile. Unser Schatz stand anschließend noch unter Beschuss durch einen Fußball. Ich hatte ihn zu nah an einem Tor platziert. Nur durch die fehlenden sportlichen Fähigkeiten der Schützen blieb unser Schatz unbeschadet.

Auf dem Nachhauseweg musste ich kurz daran denken, wie es früher bei Kindergeburtstagen war. Ich wurde einige Male zu McDonald’s eingeladen. Ich hatte damals großen Respekt vor einem achtjährigen Mitschüler, der sich den riesigen Big Mac bestellte und bis zum letzten Sesamkorn verputzte. Wir anderen aßen alle Hamburger. Ansonsten gab es das, was sich als Kinderbespaßungsstandard vom Möbelhaus bis zur Deutschen Bahn durchgesetzt hat: Malstifte, Malbuch und ein kleines Plastik-Spielzeug. Eine Mitarbeiterin führte uns anschließend noch vorbei an den einzelnen Bratstraßen.

Seitdem hat sich ja eine Bio- und eine vegane Revolution ereignet. Ich würde daher gerne mal die Gesichter der anderen Eltern sehen, wenn ich ihnen Einladungskarten zum Kindergeburtstag bei McDonald’s in die Hand drücke. Einfach so. Mache ich natürlich nicht. Wäre ja kein Abenteuer. Keine Bergbesteigung. Und mir würde das schöne Gefühl fehlen, wenn ich vom Gipfel wieder runterkomme.

Tipps für den Kindergeburtstag zu Hause findet man unter www.kindergeburtstag-planen.de oder unter www.kindergeburtstag.ws

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