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Berlin: Daumen hoch

Keanu Reeves kam für „Thumbsucker“ nach Berlin

Wann beginnt man im Filmgeschäft von einer Serie zu sprechen? Ab drei Filmen oder ab zweien? Ist es also zulässig, von einer ArztfilmSerie zu reden, die Keanu Reeves zur Berlinale beizusteuern beginnt? Im letzten Jahr war er Internist, zugleich Arzt und Nebenbuhler von Jack Nicholson in „Was das Herz begehrt“. Diesmal, in „Thumbsucker“, spielt er einen Kieferorthopäden mit New-Age-Allüren. Medizintheoretische und sonstige Fragen mussten gestern aber vorerst zurückstehen, der Zeitplan des Festivals war ins Rutschen geraten. Am späten Vormittag hatte man die Pressekonferenz zu „Thumbsucker“ angesetzt, zu früh für Keanu Reeves, der eigens aus Madrid nach Berlin gejettet kam, es aber doch nicht schaffte. Also wurde auf den Abend umgeplant. Nachmittags zum Gang über den roten Teppich war Reeves aber rechtzeitig da.

Auch der Zeitplan der übrigen Crew geriet so durcheinander: vorneweg Regisseur Mike Mills, dazu der junge „Daumenlutscher“ Lou Taylor Pucci und Filmmutter Tilda Swinton. Ein heterogenes Team, mit einem Anfänger in der Titel- und einem Mega-Action-Star in einer Nebenrolle. Und doch waren sie am Drehort fast eine Familie, wie alle während der halben Stunde auf dem Podium betonten. Sogar gruppendynamische Spielchen gab es, man heftete sich Schildchen an, die zeigten, was man gerade sein wollte. Das half vor der Kamera beim Improvisieren.

Was Tilda Swinton an dem Film besonders gereizt hat: Dass nicht, wie im US-Kino üblich, nur gezeigt wird, wie ein Kind erwachsen werden muss. Hier sind auch die Älteren nicht richtig erwachsen, lernen dies erst, ein Prozess, der immer weiter gehen muss. Die gezeigte Interaktion zwischen Eltern und Kindern hat auch Reeves gefallen, der Prozess, wie sich der jugendliche Daumenlutscher entwickelt, parallel zu den Eltern. Es sei mehr ein Dokumentar- als ein Spielfilm, habe Tilda Swinton ihm gesagt, ergänzt Pucci, und so sei es eigentlich auch gewesen.

Rund 200 Jugendliche seien für die Titelrolle getestet worden, erzählt der Regisseur. Fast alle gaben sich cool und abgeklärt, nur Pucci nicht, der auf dem Weg zum Casting erstmals im Flugzeug gesessen hatte, nervös und aufgeregt ankam. Kurz: der ideale Daumenlutscher. ac

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