Berlin: Der Glückwunsch des Königs
Carl XVI. Gustaf und Königin Silvia verbrachten den Sonntag in Berlin. Sie gratulierten der schwedischen Victoriagemeinde zum 100-jährigen Bestehen
Ganz still war’s, als König Carl Gustaf und Königin Silvia (in Sommerblumengelb) mit dem Bundespräsidenten und Christina Rau (in Dunkelblau) um 14 Uhr den Berliner Dom betraten. Erst als danach der Erzbischof von Uppsala mit Gefolge einzog, erklang Musik, das Finale aus der Sonate E-Dur von Otto Olsson. Im Mittelpunkt des Festgottesdienstes mit gewollt familiärer Note stand schließlich nicht der Besuch der Majestäten, sondern der 100ste Geburtstag der „Svenska Victoriaförsamlingen“. Viele der 850 Festgäste hatten eine lange Anreise auf sich genommen: Der ehemalige Gesandte Michael Westerlind war aus Stockholm herangereist. Brita Veit-Gunn, kam gar eigens aus dem Westen der USA, weil ihr die Gemeinde, der sie bis zum April 1945 angehörte, so viel bedeutet. Ihre (deutsch-schwedische) Familie hatte von den Nazis viel erdulden müssen.
Zivilcourage war in dieser Gemeinschaft immer lebendig. Die Pfarrer der Gemeinde, daran wurde gestern in vielen Reden erinnert, hatten Verfolgte im Keller der Kirche versteckt und ihnen zur Flucht verholfen. Für zwei deutsche Polizisten, die das unterstützten, waren bereits am Sonnabend Gedenktafeln enthüllt worden. Auch der Initiator dieser Tafel war gekommen, außerdem der Sohn des berühmten Flüchtlingshelfers Birger Forell, der bis 1942 Gemeindepfarrer war, und die Witwe von Heribert Jansson, der als Pfarrer das Gemeindeleben von 1950 bis 1986 prägte und als Fluchthelfer bekannt war. Generalsuperintendent Martin Passauer erwähnte den schwedischen Pass, der ihm ein Jahr nach dem Bau der Mauer die Ausreise aus Ostdeutschland ermöglichen sollte.
Karl Gustaf Hammer, der Erzbischof von Uppsala, erinnerte an all die dramatischen Zeiten, in denen die Schwedische Gemeinde in Berlin Brücken zwischen Menschen schuf. Die Kirche von Schweden lasse sich gar nicht verstehen ohne die Beziehung zur Heimat der Reformation. Bundespräsident Johannes Rau erinnerte später bei seiner Ansprache im Rathaus an die entscheidenden Impulse zur Ökumene, die wiederum aus Schweden kamen. Klaus Wowereit ging auf die sichtbaren Zeichen ein, die diese Gemeinde immer dort gesetzt habe, wo es darum ging, sich einzusetzen für Menschen, die Hilfe brauchten.
Das Königspaar nahm sich den ganzen Tag Zeit. Morgens lächeln für die Fotografen und für die Lieder singenden Kinder. Dann Rundgang durch die Jubiläumsausstellung mit Pfarrer Peter Wänehag und dem Künstler Tor Cederman. Schließlich ein Spargel-Lunch mit 55 geladenen Gästen, darunter der in Berlin lebende Bruder der Königin, Jörg Sommerlath. Dabei waren auch Botschafter Carl Tham, die Vorsitzende des Gemeindekirchenrats Helga Lundevall und Sven Ekdahl, der später im Rathaus dem König die Jubiläumsschrift überreichte und an dessen Urgroßmutter erinnerte, die als Kronprinzessin Victoria 1903 der Namensgebung der Gemeinde ihre Zustimmung gab.
Auf der Domtreppe: nochmal Lächeln für die Fotografen. Nach dem Gottesdienst Händeschütteln mit den Priestern. Den Sommernachmittag ausklingen lassen im Berliner Rathaus, auf einem Podest sitzend inmitten der Gemeindemitglieder. Mehr Volkslieder und weitere Reden. Mit einem Wangenkuss verabschiedete sich die Königin gegen 17 Uhr von ihrer Kusine, die beim Empfang auf der anderen Seite der Kordel stand. Auch sie wurde einst von dem gemeinsamen Onkel getraut, der als Pfarrer in Leipzig wirkte und engen Kontakt zur schwedischen Gemeinde in Berlin schon lange pflegte, bevor Carl Gustaf seine künftige Königin kennenlernte. „Für meine Familie war die Victoriagemeinde schon immer etwas ganz Besonderes“, sagte der König auf Schwedisch. „Die Königin und ich sehen unseren Besuch heute deswegen eher als einen Startpunkt für das kommende Jahrhundert der Gemeinde als wie einen Abschluss des vergangenen.“