Berlin: Der Grafiker Manfred Butzmann aus Pankow wird für sein Engagement bei Umwelt- und Denkmalschutz geehrt
Er nennt seine subversiven Plakate ganz einfach "Heimatkunde". Dabei kam es dem Grafiker Manfred Butzmann aus Pankow nie darauf an, sich als Retter der DDR oder als Spezialist für sozialistische Daseinsbejahung zu beweisen.
Er nennt seine subversiven Plakate ganz einfach "Heimatkunde". Dabei kam es dem Grafiker Manfred Butzmann aus Pankow nie darauf an, sich als Retter der DDR oder als Spezialist für sozialistische Daseinsbejahung zu beweisen. Butzmann überließ das Philosophieren anderen und ging - gern mit der Kamera - vor die Haustür und sah genau hin: Dort sah er sterbende Bäume, zugemüllte Wege und Gehwege, bröckelnde und zerschossene Fassaden, aber auch in Baumrinde geritzte Herzen und in Schulhofmauern gepickerte Namen. Butzmann ist der Erfinder des Plakats als Mittel der Lokalpolitik.
Er fotografierte Schilder auf den Fernsterbänken alter S-Bahnen. Aus dem Ursprungstext "Nicht hinauslehnen" hatten vom Fernweh geplagte Fahrgäste Buchstaben weggekratzt. "Nicht hinsehnen" stand dann da, "Nicht hinsehen" oder "Nicht hauen". Butzmann, der Ortskundler mit Kamera, Stahlstichel und Zeichenstift, kümmerte sich um den Denkmalschutz und prangerte Umweltsünden an. Heute (um 13 Uhr, Luisenstraße 56 in Mitte, im Hörsaal 8 des Instituts für Fleischhygiene) erhält Manfred Butzmann für seine Verdienste "bei der Erhaltung historischer Spuren in der Stadt" die Ferdinand-von-Quast-Medaille. Mit ihm werden Roswita und Dietrich Herrmann aus Kladow ausgezeichnet. Die Eheleute fielen den Denkmalschützern des Senats durch die Pflege ihres Landhauses und Gartens auf.
Butzmann arbeitet derzeit in seinem Arbeitszimmer in einem malerischen, "zum Glück nicht modernisierten Altbau" in der Parkstraße an einem Kinderstadtplan für Pankow. Und weil Butzmann nicht überheblich ist, lässt er sich von einem elfjährigen Jungen aus Pankow helfen. Der Grafiker fühlt sich als Berliner. Dies zu Recht, denn er lebt seit über 30 Jahren in der Stadt. Geboren wurde der Künstler im September 1942 in Potsdam. 1961 begann er eine Lehre als Offsett-Retuscheur in Berlin, schwang ab 1962 im Malzirkel vom Magnus Zeller den Stift und studierte Grafik an der Kunsthochschule Weißensee. Seine Lehrer hießen Arno Mohr und Werner Klemke. Bis 1970 hatte Butzmann eine Aspirantur an der Kunsthochschule, seitdem lebt er als freier Grafiker in Pankow.
Jemand hat ihn als "Klaus Staeck des Ostens" bezeichnet. Das hat Manfred Butzmann nicht geärgert, er ist mit Staeck befreundet, war oft sein Gastgeber und bestreitet keineswegs die geistige Verwandtschaft mit ihm. Vordergründige Kritik war nie Butzmanns Sache. "Ich schiebe ja nichts zurecht, ich sehe was und mache ein Bild daraus", sagt der Künstler mit dem listigen Blick. Fest steht: Er kennt keine Angst vor Idyllen, noch viel weniger vor Funktionären. Dies musste der Ost-Berliner Oberbürgermeister Erhard Krack im Jahr 1985 bei einem Abstecher nach Wernigerode im Harz erfahren. Dort hing Butzmanns Plakat "Kein Platz für Bäume" mit 16 Fotos, die die ungeschönte Schönhauser Allee zeigten. Krack war empört, die Folge war ein Druckverbot. Ein Stück Freiheit war weg. Klein kriegten sie Butzmann aber nicht. Auch er kannte Leute. Nach ein paar Gesprächen mit Kulturfunktionären und einer Anfrage bei Politbüromitglied Günter Schabowski durfte er wieder drucken: Nach einem Jahr Geduld.
Michael Brunner