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Der grüne Schirm am Berliner Hauptbahnhof: Wohin nur mit den Taxis?
Der Europaplatz vor dem Hauptbahnhof soll schöner werden. Bäume sollen einen „Grünen Schirm“ aufspannen. Für Taxis gibt es keinen Platz mehr. Das kann nicht funktionieren. Ein Kommentar.

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Nun also doch. Der unfassbar hässliche Vorplatz am Berliner Hauptbahnhof soll nur 20 Jahre nach Eröffnung der Station (Fußballmärchen 2006, wir erinnern uns) schöner werden. Es sollen Bäume gepflanzt, ein „Grüner Schirm“ aufgespannt werden. Die senatseigene Beschreibung: „Als eine unregelmäßige Pflanzung hochstämmiger Bäume soll sich ein durchlässiger Raum formen, der einerseits eine Abschirmung zur Invalidenstraße herstellen, andererseits auch einen atmosphärischen Aufenthaltsort bilden wird.“
Was wohl Berliner Taxifahrer dazu sagen? An die hat bei dieser Unser-Bahnhof-soll-schöner-werden-Aktion keiner gedacht. Das (im Prinzip lobenswerte) Projekt blendet die Realität völlig aus. Das ist der Haken an dem Schirm.
Bereits im Oktober 2023 wurde der Siegerentwurf für die Platzverschönerung präsentiert. Zur Vorbereitung verschwand über Nacht die Taxivorfahrt am Hauptbahnhof – und es brach Chaos aus. Die Fahrer ignorierten die Vorgabe der Senatsplaner, doch bitteschön nur die andere Seite der Station anzusteuern. Da ist zwar die Spree und das Kanzleramt, aber keine Hauptstraße.
Also standen die Taxis auf der Busspur, konkurrierten um den Platz mit ebenso vielen Mietwagen. Die BVG zog die Notbremse. Die Drohung, die Buslinien einzustellen vor dem Hauptbahnhof, wirkte. Also legte die CDU-geführte Verkehrsverwaltung die Taxivorfahrt im April 2024 in der nächsten Nacht-Aktion wieder zurück auf den Platz.

© Jörn Hasseimann
Nun will die SPD-geführte Bauverwaltung doch den Schirm aufspannen, Bäume pflanzen, Fahrradständer aufstellen. Es wird wieder Chaos geben. Die Verkehrsverwaltung weiß es, kann aber den grünen Schirm nicht einfach wieder einklappen. Man war ja an dem Projekt und der Wettbewerbsausschreibung beteiligt.
Das Kernproblem bleibt
Das Kernproblem des Berliner Zentralbahnhofs bleibt, es lässt sich durch Bäume nicht abschirmen. Es gibt viel zu wenig Platz und viel zu viel Verkehr. Die Planer haben die Autos viel zu dicht herangelassen. Dass ein wichtiger Tunnel zehn (!) Meter neben dem Bahnhofsgebäude in die Invalidenstraße einmündet, ist – nun ja, einfach irre.
Irre ist auch, dass Berliner Planer glauben, Taxi- und Mietwagenchauffeure durch Verkehrsschilder leiten zu können. Denen ist die Straßenverkehrsordnung Mumpe, es kontrolliert ja eh keiner. Der Senat will nun bis August ein „Konzept“ erstellen, wie der Verkehr geleitet werden könnte. Was soll dort drin stehen?
Bislang ist der Europaplatz eine Mischung aus viel Asphalt, Fahrrad- und Schnapsleichen, Dreck und Verwahrlosung. Nach Osten begrenzt wird der Platz durch den Bauzaun von der Nummer-1-Pannenbaustelle der Deutschen Bahn, der unterirdischen S21. Er steht dort schon so lange, dass man sich nicht erinnern kann, wie es früher war. Noch schlimmer: Er wird dort noch viele weitere Jahre stehen.
Der Grüne Schirm soll den Bauzaun unsichtbar machen, so steht es in der Beschreibung. Das kann gelingen. Die Probleme des Bahnhofs kann kein Schirm kaschieren.
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