zum Hauptinhalt

Berlin: Der späte Star

Ihre Fotos für den „Playboy“ sieht sie als großes Kompliment. Denn jahrelang galt Andrea Sawatzki nicht als klassische Schönheit

Vor sieben Jahren hat Andrea Sawatzki in Tegel ein Flugzeug nach Frankreich bestiegen und ist einfach abgehauen. „Hat doch keinen Sinn, die Schauspielerei“, hat sie gedacht. Wieder mal hatte sie gute Kritiken bekommen, diesmal für „Das Schwein“ mit Götz George. Und wieder war der Durchbruch nicht in Sicht . „Hör ich halt auf“, hat sie zu sich gesagt, trotzig und traurig.

Wieder Tegel. Ein Tisch im Café Leysieffer, Blick aufs Flughafengewühl, ein Milchkaffee und Orangensaft auf dem Tisch. Daneben der Playboy. Andrea Sawatzki hat ihn gerade aus dem Gepäck gezogen; vor einer halben Stunde ist sie aus Frankfurt gekommen, wo sie wieder als Tatort-Kommissarin vor der Kamera steht. Andrea Sawatzki blättert und tippt mit dem Finger auf ihren nackten, glatten Bauch, auf wilde Locken, kaum bedeckte Brüste und einen winzigen Tanga mit rosa Federchen. „Ein Riesenspaß war das“, sagt sie. Es ist viel passiert, zwischen der einen Tegel-Szene und der anderen.

Die Playboy-Fotos fallen in den Beginn einer neuen Phase in ihrem Leben. Die Zeit der Erfolglosigkeit ist vorbei, seit sie mehr als acht Millionen Tatort-Zuschauer vor den Bildschirm zieht. Mit den Fotos, könnte man sagen, versetzt ihr die Schauspielerin nachträglich einen festen Tritt. Seit vier Tagen ist das Heft im Handel, und auf den Seiten 33 bis 43 gibt’s die Sawatzki zehn Mal: unten ohne, oben ohne, im durchsichtigen Abendkleid, in schwarzen Dessous, in Federboa oder die eigene Brust liebkosend. Die Frau auf dem Bild lacht nicht. Sie schaut dem Betrachter in die Augen und fordert: „Guck her“. Guck her ist nichts, was Andrea Sawatzki früher gerne gesagt hätte. Sie ist der ruhige Typ, „schüchtern“, meint sie von sich. „Ich glaube, dass da so einige Leute von den Bildern wirklich überrascht sein werden“, sagt sie und klingt, als sei ihr das eine Genugtuung.

Die Anfrage vom Playboy war im Sommer gekommen, da war sie im siebten Monat schwanger und „auf einem völlig anderen Trip“. Sie saß in der großen Wohnung in Nikolassee, hat Babymöbel zusammengebaut, das Kinderzimmer gestrichen und mit Sohn Moritz gespielt. Drei Monate lang hat sie überlegt. Da war die Sorge, die Fotos könnten schmuddelig werden. Sie hat Ja gesagt, zum Schluss. Weil sie, die sich während der mageren Zeiten etwas dazuverdient hat mit der Synchronisation von Pornos, nicht prüde ist. Weil sie erotische Fotografie immer gemocht hat, „wenn dabei nicht nur der Körper beurteilt werden soll, sondern das Bild als Gesamtes den Betrachter gefangen nimmt“. Und vielleicht auch, um jetzt, wo die guten Rollen kommen, endlich dieses Image loszuwerden.

Irgendwie hat die Fernsehnation, was Andrea Sawatzki betrifft, jahrelang Scheuklappen getragen. Die Kritik attestierte ihr Talent und Wandlungsfähigkeit, sie fiel auf, groß wie sie ist, mit roten Haaren und blauen Augen. Trotzdem ist sie übersehen worden. Vielleicht hatte man sie ja mit ihren Rollen verwechselt. Weil sie nicht nur kleine Parts gespielt hat – vorzugsweise in Krimiserien wie „Der Fahnder“ oder „Wolffs Revier“ – sondern auch schwierige Frauen, hässlich in ihrer Verzweiflung, Schwäche oder Hysterie. Sie sei keine „klassische Schönheit“, stand in fast jedem Artikel über Andrea Sawatzki. Ihre Attraktivität siedele „in tieferen Gefilden“. Dass der Playboy sie gefragt hat, sei ein großes Kompliment, sagt sie.

Bei Andrea Sawatzki hat der Erfolg auf sich warten lassen bis sie Ende 30 war. Schauspielschule in München, fünf Jahre an kleinen Bühnen, Minirollen im Fernsehen. Die Wende kam 1997 mit ihrer Rolle in Dieter Wedels „Der König von St. Pauli“. Seitdem geht es immer schneller bergauf. Mit Katja Riemann hat sie „Die Apothekerin“ gedreht, mit Jürgen Vogel „Das Leben ist eine Baustelle“. 2001 war sie viel gelobt in „Das Experiment“ zu sehen, dann in „Die Affäre Semmeling“. Jetzt ist sie 40 Jahre alt, Playboy-Model und hat mit der hessischen Tatort-Ermittlerin eine Hauptrolle mit Aussicht. Bis 15. April noch dreht sie für die nächste Folge, hat dann zehn Tage Pause und macht mit zwei Fernsehfilmen weiter. Zupacken, heißt es jetzt, die Gunst der Stunde nutzen und auffallen.

Die Playboy-Bilder sind vor zwei Monaten gemacht worden: 5000 Fotos waren es nach drei Tagen. Das Posieren war Knochenarbeit, sagt Andrea Sawatzki, jeden Tag zwölf Stunden in einem Zimmer des Hotels Savoy. Sie ist die Situation angegangen wie die Schauspielerei, hat eine Rolle gespielt. Eigentlich war Andrea Sawatzki selbst gar nicht dort. Sie selbst trägt rosa Lippenstift, nicht roten, die Haare im Pferdeschwanz und würde oben ohne nicht schwimmen gehen. Es sei, als würde sie jemand anderen so nackt präsentieren.

Andrea Sawatzki wird am 7. April, 20 Uhr 15, im ZDF in „Der Unbestechliche“ zu sehen sein und am 23. April um 20 Uhr 15 in der ARD-Produktion „Das verflixte 17. Jahr“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false