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Berlin-Spandau: Der tägliche Feuerwehreinsatz im Flüchtlingsheim

Spandaus Feuerwehr muss ständig zum Flüchtlingsheim in Hohengatow ausrücken. Dabei weiß sie, dass sich Kinder nur einen Scherz erlauben – einen teuren.

Kinder spielen gerne. Ein rotes Kästchen zieht sie geradezu magisch an, und das Knöpfchen in der Mitte: Warum nicht einfach draufdrücken? Wenn dann ein paar Minuten später drei riesige Feuerwehrautos mit Blaulicht um die Ecke geschossen, ist das ein Spaß – für Kinder.

Für alle anderen ist alles andere als ein Spaß, was da seit Wochen im Flüchtlingsheim in Hohengatow passiert. 104 Mal wurde seit Oktober 2013 die Feuerwehr alarmiert. Fast immer ein Fehlalarm.

Im Heim im Waldschluchtpfad leben seit Monaten 450 Menschen aus 30 Ländern, darunter 200 Kinder. Früher war es ein Seniorenzentrum. 40 Kästchen gibt es hier mit einem kleinen Knopf in der Mitte, keine Scheibe zum Schutz davor – auf den Fluren und in den Zimmern. „Die Anlage funktioniert, und das sehr gut“, sagt Heimleiter Piotr Skrzedziejewski. Jedenfalls, so lange Senioren im Haus lebten. Jetzt, mit unzähligen Kinder, ist das eher weniger der Fall. „Sie betrachten das als Spiel“, sagt Skrzedziejewski.

Die Feuerwehr muss in Spandau immer ausrücken - immer!

Die Feuerwehr muss jedes Mal ausrücken. Mit zwei Löschfahrzeugen, einem Drehleiterwagen und einem Wagen, in dem der Einsatzleiter sitzt. 16 Mann. Manchmal kommt auch die Polizei gleich mit. Auch wenn alle Beamten wissen, dass ihr Einsatz überflüssig ist: Bei den 104 Feuerwehreinsätzen seit Oktober, so die Senatsverwaltung für Inneres, musste nur ein Mal wirklich gelöscht werden. Es ist ein teures Spiel – für den Steuerzahler. „Wir können die Kosten nicht genau beziffern, es variiert von Fall zu Fall“, heißt es aus der Senatsinnenverwaltung. Weit mehr als 100.000 Euro kommen aber schnell zusammen.

Feuerwehreinsätze werden per angefangener Minute abgerechnet. So kostet ein Löschfahrzeug 4,70 Euro die Minute, ein Drehleiterwagen 6,03 Euro die Minute. Hinzu kommen die Kosten für 15 Feuerwehrleute, einen Einsatzleiter sowie Pauschalen für die Alarmierung und die Gebührenfestsetzung. Gerechnet wird ab dem Zeitpunkt des Ausrückens bis zur Rückkehr auf die Wache. „Die Verantwortung liegt in erster Linie bei der Awo Mitte und der Lageso“, heißt es aus der Senatsinnenverwaltung. Spandaus Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank (SPD) schließt sich dem an. Einfach abschalten kann man die Feuermelder jedenfalls nicht. Dafür ist eine Änderung des Brandschutzkonzeptes in dem Gebäude notwendig. Das wiederum muss vom Betreiber in Auftrag gegeben werden.

Die Nachbarn sind genervt

Bei der Awo ist man einsichtig. „Sehr ärgerlich“, sei die Sache, sagt Manfred Nowak, Vorsitzender der AWO Mitte. Die Anwohner sind durch die ständigen Feuerwehreinsätze genervt. Deshalb haben sich Awo, die Bauaufsicht des Bezirks Spandau und die Feuerwehr zusammengesetzt, um das Problem zu lösen. Ein Ingenieurbüro wurde damit beauftragt, ein neues Brandschutzkonzept auszuarbeiten. „Hoffentlich wird das Konzept Ende März vorliegen“, sagt Heimleiter Skrzedziejewski. Eine Möglichkeit sei, sagt der Heimleiter, die Brandmelder beizubehalten, den Alarm aber zum Pförtner umzuleiten. „Dieser prüft dann, ob wirklich ein Notfall vorliegt, und alarmiert dann gegebenenfalls die Feuerwehr.“ Bis das neue Brandschutzkonzept vorliegt, wird pragmatisch vorgegangen.

Ab April sollen hier Wohnungen entstehen

Zwölf Sozialarbeiter versuchen die Kinder über die Konsequenzen ihres Spiels aufzuklären. Doch die Fluktuation unter den Flüchtlingen ist groß. „Seit letzter Woche haben wir zudem zwei zusätzliche Wachmänner hier, die nachts die Flure kontrollieren“, erklärt Skrzedziejewski. Mit Erfolg. „Es ist schon besser geworden, die Feuerwehr musste in der letzten Woche nur drei Mal anrücken.“ Falls sich gar nichts ändert, könnte sich das Problem in wenigen Monaten auch von selbst lösen: Das Gebäude wird vorerst nur bis zum 15. April 2014 als Flüchtlingsheim genutzt, danach soll das Grundstück vom Eigentümer Vivantes an einen Investor verkauft werden. Es entstehen Wohnungen auf dem Gelände.

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