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Er drehte in Heiligensee und lebte am Kudamm. Peter Lustig, Jahrgang 1937, kam einst als Tontechniker nach Berlin. Von 1978 bis 2005 moderierte er die Kindersendung „Löwenzahn“, die auch viele Erwachsene regelmäßig schauten.

© imago/United Archives

Löwenzahn-Moderator Peter Lustig: Der Welterklärer

Seine Fernseh-Heimat Bärstadt lag in Wirklichkeit in Berlin. Von hier aus vermittelte „Löwenzahn“-Moderator Peter Lustig Sachthemen auf einzigartige Weise – Jahrzehnte lang. Nun starb er mit 78.

Zahllose Kinder und nicht wenige Erwachsene werden geglaubt haben, dass der seltsame Vogel mit Brille, Latzhose und sprechender Ukulele wirklich in einem Bauwagen lebt. Doch so authentisch war Peter Lustig wieder nicht - der gebürtige Breslauer hat die letzten Lebensjahre zusammen mit seiner dritten Frau Astrid Berge in einer normalen Berliner Wohnung, Nähe Kudamm, verbracht, in die er gezogen war, um seinen Enkeln näher zu sein und ihnen, vermutlich, ein wenig die Welt zu erklären, wie er es im Fernsehen jahrzehntelang getan hat.

Am Dienstag ist Peter Lustig im Alter von 78 Jahren gestorben, nicht in Berlin, sondern bei der Familie in Schleswig-Holstein.

Viele seiner Fans haben vermutlich nicht einmal gewusst, dass der Name echt ist. Doch er war es: Peter Fritz Willi Lustig hatte vermutlich schon deshalb gar keine Chance, mit größerem Ernst durchs Leben zu gehen. Er absolvierte in Hamburg eine Lehre als Fernsehmechaniker, kam dann als Tontechniker nach Berlin, angestellt beim US-Soldatensender AFN.

„Fernsehen ist Scheiße!“

Hier begann seine Karriere auf einem historischen Gipfel: Er kontrollierte auf einem wackligen Gerüst das Mikrofon, das Kennedys berühmtesten Satz aufzeichnete: „Ich bin ein Berliner“. Lustig war nicht soo ergriffen: „Was er sagte, habe ich kaum gehört“, erinnerte er sich. Zum ersten Mal vor die Kamera geriet er, als der Regisseur ihn bei einem Test-Dreh aufforderte, mal was Komisches zu machen: Lustig schlug sich ein Ei auf den Kopf, rief „Fernsehen ist Scheiße!“ und galt fortan als TV-Talent.

Mit Peter Lustig geht einer der letzten 'Fernsehmänner'. Er war kein gelernter Entertainer, daher der unprätentiöse Stil, der ihn bei Kindern glaubhaft machte und den sein Nachfolger schon vermissen ließ. Ruhe in Frieden, Peter Lustig.

schreibt NutzerIn acme17

1973 trat er in kurzen Einspielfilmen in der „Sendung mit der Maus“ auf, moderierte beim Bayerischen Rundfunk und wurde schließlich vom ZDF für die neue Sendung „Pusteblume“ entdeckt, die später „Löwenzahn“ hieß – der Mainzer Sender wollte auch was Mausmäßiges in seinem Programm haben. Lustig moderierte das mehr als 25 Jahre in der Latzhose, die er sowieso immer trug; er hatte mal 35 Stück davon und galt als Öko-Apostel, der er nicht war – Respekt vor der Natur wollte er vermitteln, weiter nichts.

"Abschalten"

Und so erzählte er gern grinsend, dass er mal im Restaurant ein saftiges Steak gegessen habe, worauf eine Frau am Nebentisch empört aufstand und fauchte: „Das hätte ich gerade von Ihnen nicht gedacht!“ Ein romantischer Aussteigertyp war er jedenfalls nie, mochte kein Müsli und trug keine Birkenstocks, wenngleich in den Biografien gern auf seine Mitgliedschaft in der Bhagwan-Bewegung in den Achtziger Jahren verwiesen wird. Konsumverzicht hat er nie gefordert, mit einer Ausnahme: Seine Aufforderung an die Kinder, nach der Sendung den Fernseher abzuschalten, galt als Kult.

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Peter Lustig hat in Mallorca gelebt, zog dann später in ein reetgedecktes Bauernhaus bei Husum – dort lebte er auch, als er Ende 2005 mit 67 Abschied von der Arbeit nahm. Da hatte er schon über 20 Jahre mit der Diagnose Lungenkrebs gelebt, hatte sieben Operationen überstanden. Er ging am Stock, den man im Fernsehen nicht sehen durfte, das Drehen war zu mühsam geworden. In Berlin trug er zuletzt manchmal sogar Anzug.

Peter Lustig war einst Tontechniker beim Kennedy-Besuch am Rathaus Schöneberg.
Peter Lustig war einst Tontechniker beim Kennedy-Besuch am Rathaus Schöneberg.

© Marc Röhlig

Er wollte noch einmal städtisch leben, zog damit auch in die Nähe seines Bauwagens, der im Filmpark Babelsberg steht – die meisten „Löwenzahn“-Folgen wurden auch in Berlin oder Potsdam gedreht. So lag das fiktive Bärstadt, in dem der Bauwagen in der Sendung stand, im Laufe der Jahre mal im Stadtteil Heiligensee, mal in Wannsee und mal in Kleinmachnow.

Seine einzigartige Begabung war es, komplizierte Dinge so zu erklären, dass Kinder es verstanden und Erwachsene nicht gelangweilt waren. Wie atmet ein Baum? Warum haben Hunde vier Beine und Würmer gar keine? 

Sowas interessierte ihn selbst. Besonders stolz war er auf den Brief eines Jungen, der ihm schrieb: „Ich guck dich immer so gern, weil da muss ich keine Angst haben“.

Aus Lustigs Zeit als Tonmann beim SFB gibt es die Geschichte, dass er den Kinderfunk kindisch fand, dies auch der Redakteurin sagte. Sie antwortete: „Dann mach’s doch besser.“

Er schrieb ein Hörspiel für Kinder, es war besser, wurde gesendet. Wenn sie aber plötzlich in seinem Garten standen und Autogramme wollten, ging ihm das auf die Nerven – aber dass er keine Kinder mochte, wie ihm eine Zeitung andichtete, das hat er immer bestritten.

Ob er den klassischen Satz „Klingt komisch, ist aber so“ erfunden hat, der ihm häufig zugeschrieben wird – darüber lässt sich keine Klarheit erzielen. Armin Maiwald von der „Maus“, der andere Kandidat, will es nicht gewesen sein. Und Peter Lustig selbst, den großen Welterklärer, können wir nun nicht mehr fragen. Auch das klingt komisch, ist aber leider so.

In der Nacht von Samstag auf Sonntag sendet das ZDF ab 00:50 Uhr zwölf Folgen Löwenzahn am Stück.

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