zum Hauptinhalt
Tanzen im Freien. Der Open Air-Club Else in Treptow auf einem etwas älteren Foto.

© promo

Wie einige Berliner trotz Pandemie feiern: Dicht an Dicht unter den Diskokugeln

Ein Video aus dem Club „Else“ zeigt, wie junge Menschen ohne Abstand tanzen. Weder Polizei noch Ordnungsamt kontrollierten die Party mit 500 Gästen.

Stand:

Unter dem Licht von Diskokugeln bewegen sich die jungen Leute hungrig im Rhythmus, ihre Hände fliegen in der Luft. Ein weiblicher DJ mit silbriger Kleidung und schwarzem Mundschutz legt Musik auf. Die Stimmung in der „Else“ ist gut, so viel lässt das Video schon einmal erkennen, das am vergangenen Sonntag aufgenommen worden sein soll. Was dem Zuschauer gleichzeitig noch klar wird: Nicht nur die Stimmung wirkt hier ansteckend.

Denn vom vorgeschriebenen Mindestabstand zwischen den Feiernden kann an diesem Abend keine Rede sein. Im Gegenteil: Das viele Partyvolk tanzt dem Augenschein nach dicht an dicht.

Der Treptower Freiluft-Club „Else“ hat am Sonntag eine Rave-Party veranstaltet. Davon kursiert ein kurzes Video im Internet, weitere zwei liegen dem Tagespiegel vor. Nach Angaben der Club-Betreiber waren insgesamt 500 Gäste da. Die Tanzfläche soll sich Schätzungen zufolge auf rund 800 Quadratmeter belaufen.

Die Betreiber finden das in Ordnung. „Wir machen absolut nichts Illegales“, sagt der Geschäftsführer, Robert Kreissel. Seit die Clubs Mitte August wieder ihre Open Air Flächen öffnen durften, gelte auch für die „Else“ ein Hygiene-Konzept. Daran halte sich die „Else“ streng und werde dies auch in Zukunft tun, betont Kreissel: „Sollten neue Auflagen verhängt werden, würden wir unseren Laden auch sofort wieder schließen.“

500 Clubbesucher tanzten mit Mundschutz - aber ohne Mindestabstand

Doch verlangen nicht schon die aktuellen Auflagen, dass auch beim Tanzen der Mindestabstand eingehalten wird? Kreissel widerspricht und bezieht sich auf einen Absatz aus der Corona-Infektionsschutzverordnung, der Ausnahmen unter bestimmten Voraussetzungen zulassen soll.

Die „ausnahmsweise“ Unterschreitung des vorgeschriebenen Mindestabstandes von 1,5 Metern sollte demnach im eigenen Hygiene-Konzept vermerkt und über andere Präventionsschritte ausgeglichen werden. „Und das tun wir“, betont Kreissel. Die Club-Besucher müssen auch beim Tanzen Mundschutz tragen.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
In der Schlange vor der Bar oder den Toiletten müssen sie zudem auch auf den Mindestabstand achten. „Sechs Leute kümmern sich extra darum, unsere Gäste darauf hinzuweisen.“

Der Betreiber kann deshalb die Aufregung über die dicht gefüllte Tanzfläche nicht nachvollziehen. „Zumal wir auch noch im Freien sind.“

Tatsächlich ist die „Else“ ein überdachter Open Air Club – „wie ein Zelt, nur offen an den Seiten“, so Kreissel. Dass nun so viele Menschen - dick eingepackt in Pullis und Jacken – es auf sich nehmen würden, bei Regenwetter stundenlang draußen zu feiern, habe vor Corona kaum jemand für möglich gehalten. „Aber vor allem junge Leute brauchen das Ausgehen.“

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Gäbe es eine solche Möglichkeit wie in der „Else“ nicht, würden sie sich „mit 20 Leuten“ in Privaträume zwängen – unerlaubt und ohne jegliches Hygiene-Konzept, vermutet Kreissel. Dagegen habe es in der „Else“ nach jetzigem Kenntnisstand bislang keine Infektionsherde gegeben, bei denen sich viele Menschen angesteckt hätten.

[Behalten Sie den Überblick: Corona in Ihrem Kiez. In unseren Tagesspiegel-Bezirksnewslettern berichten wir über die Krise und die Auswirkungen auf Ihren Bezirk. Kostenlos und kompakt: leute.tagesspiegel.de]

Auch die Polizei habe noch keine Party auflösen müssen, obwohl der Club mehrmals – also „mehr als zwei Mal“, wie der Veranstalter präzisiert – kontrolliert worden sei. „Wir geben uns größte Mühe, damit die Leute sich sicher begegnen können.“

Unerheblich, ob eine Veranstaltung im Freien stattfindet

Dieses „sicher“ könnte spätestens als fraglich gelten, seit der Senat auch für draußen – unter anderem auf Wochenmärkten und belebten Straßen – die Maskenpflicht eingeführt hat. Ordnungsstadtrat Rainer Hölmer (SPD) aus Treptow-Köpenick antwortet auf Anfrage, dass der Mindestabstand von 1,5 Metern „prinzipiell eingehalten werden“ müsse: „Dafür ist es unerheblich, ob eine Veranstaltung im Freien stattfindet.“ Ausnahmen beim Feiern seien nur für feste Tanzpaare zulässig oder wenn „andere den Schutz vor Tröpfcheninfektionen sicherstellen können“. Wie das aussehen kann, wird allerdings nicht näher erläutert. Die Hygiene-Konzepte der Clubs inhaltlich zu prüfen, sei allerdings Aufgabe des Gesundheitsamtes, heißt es.

Warum eine Party mit 500 Gästen am Sonntag gar nicht weiter überprüft wurde? Wo und wie oft kontrolliert werde, hänge von den personellen Kapazitäten ab, sagt das Ordnungsamt. Bisher sei gegen den Club-Betreiber mangels eindeutiger Beweise kein Verfahren eingeleitet worden. „Sollte sich eine Beweislage ergeben, die den Sachverhalt rückwirkend aufklären kann, besteht die Möglichkeit, ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einzuleiten.“

Das Video von Sonntag, das auf Twitter veröffentlicht worden war, kommt allerdings nicht bei allen Zuschauern gut an. „Ich selbst stecke im Homeoffice und reduziere mein Leben außerhalb der Wohnung seit acht Monaten auf ein Minimum – und diese Leute machen alles zunichte“, schreibt ein Kommentator darunter auf Englisch. „Das ist auslaugend.“

Cristina Marina

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })