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Es geht um mehr als 300.000 Euro: Die Berliner AfD streitet weiter übers Geld
Weil Schatzmeister Hansel Anträge auf Mittel der Bundespartei angeblich verschleppt hat, regt sich Kritik. Die Gräben ziehen sich quer durch die Partei.
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Die Berliner AfD findet offenbar keinen Ausweg aus ihrer Führungskrise und versinkt in Grabenkämpfen. Neuester Anlass: Angeblich nicht gestellte Anträge des Landesverbands auf Zuschläge der Bundespartei für die Durchführung des Landesparteitags und Wahlkampfkosten für 2021. Den in Parteikreisen rasch verbreiteten Vorwurf erhoben hatte Sebastian Maack, Stadtrat für Bürgerdienste und Ordnungsangelegenheiten im Bezirk Reinickendorf. Adressat ist der zuletzt in die Kritik geratene Schatzmeister der Partei, Frank-Christian Hansel.
Maack und Hansel gelten als innerparteiliche Kontrahenten und gehören verschiedenen Strömungen der AfD an. Zuletzt hatte Maack Hansel, der auch parlamentarischer Geschäftsführer der Abgeordnetenhausfraktion ist, wegen der einem Gutachten zufolge unsauberen Fraktionsfinanzen scharf attackiert. Aus dem Hansel-Lager hieß es daraufhin, die Gruppe um den ehemaligen Flügel der Partei, zu dem sich Maack zählte, versuche seine Person zu beschädigen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Hansel zufolge „manipulierten“ Gutachten fand nicht statt, stattdessen wurden gleich mehrere Mitarbeiter der Fraktion gekündigt – Arbeitsgerichtsverfahren inklusive.
Im jüngsten Fall wirft Maack Hansel vor, die Anträge auf Zuschüsse der Bundes-AfD bislang – anders als andere Landesverbände – nicht gestellt zu haben und damit eine Nichtbeachtung Berlins zu riskieren. Vom drohenden Ausfall des Wahlkampfs ist in Maacks Mail die Rede. Darüber hinaus attackiert er die so wörtlich „Beutegemeinschaft“ um den Fraktionsvorstand unter Leitung von Georg Pazderski sowie Bundestagsfraktions-Vize Beatrix von Storch.
Maack wirft ihnen vor, den für Anfang November geplanten und kurzfristig abgesagten Landesparteitag nach dem Delegierten- und nicht wie bislang nach dem Mitgliederprinzip organisiert zu haben, weil so „bessere Wahlchancen für deren Kandidaten“ bestünden. Tatsächlich ist die Entscheidung innerparteilich umstritten. Getroffen wurde sie aber vom amtierenden Notvorstand der Partei unter Leitung des AfD-Europaabgeordneten Nicolaus Fest.
Aussage gegen Aussage
Hansel weist die Vorwürfe von sich. „Selbstverständlich“ seien die Mittel beantragt und abgesegnet worden, erklärte er im Gespräch mit dem Tagesspiegel. „Es gibt überhaupt kein Problem“, auch der Wahlkampfzuschuss in Höhe von 250.000 Euro sei fest zugesichert, sagte Hansel weiter und belegte die Antragsstellung mit einem Foto des am Computer geöffneten Antrags. Allerdings fehlen dem einseitigen Schreiben mit Datum vom 7. September genauere Ausführungen dazu, wie genau das Geld verwendet werden soll.
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Maack zufolge hätte der Antrag ausführlicher begründet werden müssen und war vom Parteikonvent im September wegen fehlender Qualifizierung nicht behandelt worden. Auch bei der jüngsten Tagung des für die Bewilligung zuständigen Gremiums wurde der Antrag seinen Angaben zufolge nicht behandelt. Nun dürfte es bis in den Januar dauern, ehe die in Rede stehenden 70.000 Euro für die Durchführung des Parteitags bewilligt werden.
Hansel wertete die Attacke Maacks als durchschaubares Manöver gegen seine Person. So sollten seine Aussichten auf die Wiederwahl zum Schatzmeister der Berliner AfD torpediert werden, erklärt Hansel und verweist auf „klare Mehrheiten für unsere Seite“. Für den Posten kandidiert neben Hansel auch Kristin Brinker, Haushaltsexpertin der Fraktion und Kontrahentin Hansels im anhaltenden Streit um die Fraktionsfinanzen.
Kritik an der Arbeit Hansels regt sich auch bei anderen: Tagesspiegel-Informationen zufolge richtete Nicolaus Fest zuletzt ein im Ton deutliches Schreiben an seinen Schatzmeister. Darin habe Fest seinen Unmut über dessen Arbeit zum Ausdruck gebracht und, so wird in Parteikreisen kolportiert, dessen Abberufung durch das Bundesschiedsgericht der Partei angedroht. Fest bestätigte die Existenz des Schreibens im Gespräch mit dem Tagesspiegel, wollte sich zu dessen Inhalt aber nicht weiter äußern.
AfD-Landeschef: Streit wird "hochgekocht"
Er erklärte am Telefon nur: „Es ging um mehrere Dinge und manchmal muss man Missstände auch deutlich ansprechen.“ Zum Vorwurf der verpassten Antragsstellung erklärte Fest, die Sache „relativ entspannt“ zu sehen. Auch er sprach von innerparteilichen Auseinandersetzungen, die „ein bisschen hochgekocht“ seien.
Klar ist: Die Auseinandersetzungen innerhalb der Berliner AfD haben den seit Jahresbeginn amtierenden Notvorstand längst erfasst. Mit Jeannette Auricht und Rolf Wiedenhaupt sitzen dort zwei Kandidaten für den Landesvorstand, die den Einfluss der alten Führung, zu der eben auch Hansel gehört, erklärtermaßen zurückdrängen wollen.
Wie das Duell ausgeht, entscheiden die etwa 300 Delegierten. Zu ihnen wurde Hansel in seinem eigenen Bezirksverband Tempelhof-Schöneberg nur in allerletzter Minute gewählt. Nachdem er auf dem 28. von 30 Plätzen gelandet war, zogen zwei bereits gewählte Delegierte zurück. Hansel landete schließlich auf dem letzten der 26 Delegiertenränge.
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