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Nur wenn Verwaltungsdaten veröffentlicht werden, kann die Allgemeinheit sie nutzen.

© Daniel Reinhardt/ dpa/ picture alliance

Daten-Portal wird kaum genutzt: "Die Berliner Verwaltung ist noch mit Dampfmaschinen unterwegs"

Eine Anfrage des Piraten Alexander Morlang ergab, dass die Open-Data-Plattform Berlins nur selten verwendet wird. Der Abgeordnete kritisiert, dass das Portal kaum standardisiert und damit schlecht nutzbar ist.

Von Hendrik Lehmann

"Offene Daten lesbar für Mensch und Maschine. Das ist das Ziel." Dieser Slogan prangt auf der Startseite des Berliner Datenportals daten.berlin.de. Einziges Manko: Es wird kaum genutzt. Das ergab nun eine Anfrage von Alexander Morlang, Mitglied der Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus.

Laut der Antwort des Senats besuchten im Juni 2015 gerade einmal 9.451 Besucher die Webseite im Juni, in den vorherigen Monaten oft noch weniger. Zum Vergleich: Während diese Besucherinnen und Besucher gerade einmal 23.178 Klicks (so genannte PIs) verursachten, hatte Hamburgs Portal für offene Daten im Juni 1,6 Millionen PIs.

Portal soll Motor für die Digitalbranche sein - eigentlich

Das Berliner Datenportal soll durch die Bereitstellung von Daten aus der Verwaltung mehr Transparenz ermöglichen. Gleichzeitig gilt die Verfügbarkeit solcher Daten als Motor für die Digitalbranche der Stadt. Einfaches Beispiel: Wenn der BVG-Fahrplan in gut sortierten Tabellen online bereitgestellt wird, können Programmierer Anwendungen entwickeln, mit denen die Nutzer der Anwendungen schneller ihren Weg durch die Stadt finden. Der Entwickler verdient Geld, der BVG-Nutzer kommt schneller ans Ziel.

834 solcher Datensätze hat die Senatsverwaltung seit der Eröffnung des Portals 2011 bereits bereitgestellt. Am Häufigsten wird nach dem Begriff LOR gesucht. Das steht für "lebensweltlich orientierte Planungsräume" - oder auf Berlinerisch: Kieze. Das Portal stellt Daten wie "Berlinerinnen und Berliner mit Migrationshintergrund nach LOR" zur Verfügung. Andere Datensätze enthalten beispielsweise Übersichten aller Weihnachts- und Trödelmärkte oder die genauen Ortsdaten von Kinder- und Jugendeinrichtungen.

Morlang: "Die Berliner Verwaltung ist noch mit Dampfmaschinen unterwegs"

Die Antwort der Senatsverwaltung zeige, wie katastrophal es um Open Data in Berlin bestellt sei, sagte Morlang: "Wenn der Rest der Welt schon mit Elektroautos durch die Gegend fährt, ist die Berliner Verwaltung noch mit Dampfmaschinen unterwegs".

Nicht nur seien bislang zu wenige Datensätze seitens der Verwaltung bereitgestellt worden. Die Bezirke beispielweise hätten größtenteils noch gar keine Daten veröffentlicht. Die bislang bereitgestellten Daten seien zudem kaum standardisiert und damit schlecht nutzbar, kritisierte der Piraten-Politiker.

Die Verantwortung dafür will Morlang dennoch nicht in erster Linie bei der Senatsverwaltung sehen: "Das Ganze war damals eher ein Projekt von dem linken Teil der rot-roten Regierung. Der jetzige Senat behandelt das Ganze ziemlich stiefmütterlich." Auch ein Informationsfreiheitsgesetz, wie es in Hamburg die Grundlage für den Erfolg des dortigen Portals bildet, sei in Berlin derzeit in weite Ferne gerückt. Jenes Gesetz in Hamburg verpflichtet die Verwaltung, Daten öffentlich und gut zugänglich bereitzustellen.

Schon jetzt wäre mehr möglich

Bereits jetzt habe die bestehende Software des Berliner Datenportals zusätzliche Funktionen, die allerdings bisher nicht genutzt werden, weil sie noch nicht freigeschaltet seien, sagte Morlang. Das ärgert den 41-Jährigen besonders, da Stadtverwaltungen selbst meist die größten Profiteure solcher Portale seien: "Verwaltungsmitarbeiter haben dann den kürzest möglichen Dienstweg, wenn sie Informationen aus anderen Abteilungen brauchen."

Yannick Haan, Sprecher des Forums Netzpolitik der Berliner SPD, teilt die Kritik der Piraten, dass bislang zu wenig interessante Datensätze in geeigneter Form bereit gestellt wurden. "Es ist vielleicht nicht gerade das Relevanteste, wo die Berliner Weihnachtsmärkte sind", so Haan. An einen Mangel an Interesse glaubt er nicht. Es gäbe genug Programmierer, Bastler und Aktivisten in der Stadt, die nur auf mehr öffentliche Daten warteten.

Haan verweist aber auch auf ein Manko der nun veröffentlichten Nutzungszahlen: "Datensätze, wie sie im Datenportal veröffentlicht werden, sagen normalen Besuchern ja erstmal rein gar nichts". Viel sinnvoller wäre es, zu messen, wie viele Nutzer all die Anwendungen haben, die auf Basis der dort veröffentlichten Daten programmiert wurden. Erst dann könne der bisherige Erfolg von Berlins Open-Data-Portal endgültig beurteilt werden.

Auch der Tagesspiegel arbeitet im Rahmen von datenjournalistischen Projekten mit solchen offenen Daten. So wurden die Bezirks- und Kiezgrenzen (LORs) beispielsweise in unserer Analyse über die Nutzung von Carsharing in Berlin mehrfahrgelegenheit.tagesspiegel.de verwendet.

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