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Berlin: Die einsame Hauptstadt-CDU

Bundespartei hält sich in Berlin zurück. Kreisvorsitzende bereiten Parteitagvor

Von Robert Birnbaum

In der Bundespartei äußert sich derzeit niemand offiziell zu den Zuständen in der Berliner CDU. Selbst beim weit verbreiteten Stirnrunzeln mag sich keiner sehen lassen. Tatsächlich ist die Neigung in der CDU-Spitze gering ausgeprägt, sich in die Berliner Belange zu mischen. Allzu schlecht sind die Erfahrungen der Vergangenheit. Mit dem früheren CDU-Spitzenkandidaten Frank Steffel etwa verband die CDU-Vorsitzende Angela Merkel ein demonstratives Nicht-Verhältnis. Dem Berliner CDU-Landesvorsitzenden Christoph Stölzl verhalf Merkel zum Sitz im CDU-Vorstand; der Professor nahm nach allgemeinem Urteil dort die Chance nicht wahr, sich bundesweit zu profilieren. Joachim Zeller, der nicht einmal Mitglied des Bundesvorstands war, erging es nicht anders. Ein interessantes Detail in diesem Zusammenhang: Die weithin unbekannte Emine Demirbüken-Wegner ist derzeit das einzige Berliner CDU-Mitglied im Bundesvorstand der Union.

Entsprechend gering ausgeprägt sind gegenwärtig die Kontakte zwischen der Berliner Funktionärsspitze und dem Spitzenpersonal der Bundespartei. Und mehr als Hilfe zur Selbsthilfe, wird in der CDU-Spitze immer betont, werde die Bundespartei ungefragt nie anbieten. Die Eigenständigkeit der Landesverbände sei in der CDU schließlich traditionell hoch. Dass niemand ein Interesse daran hat, mit dem weithin als desolatem Haufen verschrieenen Berliner Verband in Verbindung gebracht zu werden, macht die strenge Beachtung der territorialen Abgrenzung doppelt einfach.

Und seit die Idee, Wolfgang Schäuble als Promi an die Spitze der Landespartei zu holen, nicht zuletzt an der soliden Selbstüberschätzung in der Berliner CDU gescheitert ist, machen andere politisch unterbeschäftigte Bundesgrößen einen Bogen um die Hauptstadt. Namen wie zuletzt der von Friedrich Merz entspringen dem Wunschdenken einzelner Berliner, die ihrer eigenen Helden überdrüssig sind. Die derart Umworbenen können nicht mal ablehnen, weil sie in Wahrheit nie einer gefragt hat. Denn die Berliner Neigungen sind gering, bei der Bundespartei um Rat und Hilfe anzuhalten. Ja, man könnte, wie es ein CDU-Parlamentarier einmal ausgedrückt hat, auf die Idee kommen, dass die Berliner Christdemokraten die CDU-Zentrale umso misstrauischer beäugen und sich umso weiter vom Leib zu halten versuchen, als sie in der Mitte ihrer Stadt liegt.

Gestern Abend wollten sich die zwölf Kreisvorsitzenden treffen, um das weitere Vorgehen bis zum Landesparteitag am 28. Mai abzustimmen. Einstimmig hatten sie am vergangenen Freitag die Kandidatur des Europaabgeordneten Ingo Schmitt für den Landesvorsitz unterstützt. Der bisherige Amtsinhaber, Joachim Zeller, hatte wenige Tage zuvor überraschend seinen Rücktritt angekündigt. An Schmitts Wahl auf dem Landesparteitag zweifelt niemand in der Berliner CDU. Danach stehe die zweite wichtige Personalentscheidung an: einen, wie Schmitt sagt, „exzellenten Spitzenkandidaten“ für die Abgeordnetenhauswahl im kommenden Jahr zu präsentieren – „in enger Abstimmung mit der Bundespartei“.

Dem Tagesspiegel sagte er, er könne sich „einen Hochkaräter aus Wirtschaft oder Kulturpolitik“ vorstellen. Derzeit träumen einige von Klaus Töpfer. Töpfer ist Leiter des UN-Umweltprogramms in Nairobi. Mit Töpfer allerdings verhält es sich ähnlich wie mit Merz: Er wurde bisher nicht angerufen. Schmitt sagt zu dieser Diskussion: Töpfer sei „ein weltweit anerkannter Politiker mit enger Bindung zu Berlin“. Allerdings müsse sich die CDU möglichst bald in besserer Verfassung präsentieren. „Wir sollten jetzt zusehen, dass wir die Braut schleunigst aufhübschen.“

Diese Pläne findet auch Joachim Zeller gut. Ob er, wie sein designierter Nachfolger es gerne hätte, stellvertretender Landesvorsitzender werden möchte – das überlegt er sich noch.

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