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FÜNF  MINUTEN  STADT: Die frisst Bullen

Die Sommerschwüle hat die Rigaer Straße klebrig gemacht, dunkle Wolken schieben sich über die Dächer. Vor dem Späti liegt eine Wolke aus Schweiß, Bier und Tabak in der Luft.

Die Sommerschwüle hat die Rigaer Straße klebrig gemacht, dunkle Wolken schieben sich über die Dächer. Vor dem Späti liegt eine Wolke aus Schweiß, Bier und Tabak in der Luft. Ein junges Pärchen in schwarzem Leder, zerfetzten Stoffschuhen und metallischem Klimperkram zieht gerade seinen Hund über die Fahrbahn, als eine Polizeistreife heranbraust. Punks und Hund werden provozierend langsam, das Polizeiauto muss bremsen. Punks und Hund stehen jetzt fast. Der Beifahrer fährt die Scheibe herunter. Die Punkerin, die den Hund führt, will die Erste sein: „Fenster zu, die frisst Bullen!“ Aber den Polizisten, jetzt aus dem Autofenster gelehnt, scheint das nicht zu schrecken: „Sehr schönes Fell. Wie heißt sie denn?“ In der Punkerin arbeitet es sichtlich. Ist das jetzt schon Verbrüderung? Dann ringt sie sich durch, sagt widerwillig: „Isabell“. Ideologisch unbedarft schnuppert Isabell an der Polizistenhand. „Du kriegst kein Trockenfutter, so schön wie dein Fell glänzt“, stellt der Beamte fachmännisch fest. „Sie kriegt viel Karotten und Äpfel“, sagt die Punkerin. Ganz kurz streift ihr Blick den des Ordnungshüters. Da kommt von der anderen Straßenseite der Ruf zur Ordnung: „Willste jetzt mit Bullen texten, oder was?“ Die Frau gibt Isabell einen Schubs. Und dann, so laut, dass es vor allem der Begleitpunker hören kann, sagt sie: „Haste noch mal Glück gehabt, Bulle.“ Markus Langenstraß

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