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Berlin: Die Pasteten-Pioniere vom Potsdamer Platz

Ein Laden für englische Spezialitäten belebt als erster das Karree am Beisheim-Center

Sauber, als hätte man sie gerade erst aus Plastikfolie gewickelt, so ist die Auguste-Hauschner-Straße auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick ist sie ein Versprechen. Und jetzt gibt’s hier sogar was zu essen! Wenn’s in Straßen nach Essen duftet, beginnt eine Neubaugegend erwachsen zu werden.

Vor Wochen noch war das Karree um das Beisheim-Center am Potsdamer Platz ein Chaos: die kleinen Straßen drumherum, Hans-Böckler-Straße, Lennéstraße, Bellevuestraße, entweder gar nicht befahrbar oder nur im Slalom, Brüllereien mit Bauarbeitern inklusive. Jetzt ist der Dreck weg – und darunter kommt die Großstadt mal hübsch klein zum Vorschein. Und sehr urban. Es hätte ja auch schief gehen, es hätte steril bleiben können, als das pompöse Viertel aus dem Boden gestampft wurde.

Die Auguste-Hauschner-Straße ist das Herz des neuen Areals. Schnurgerade verläuft sie von oben, Ecke Potsdamer Platz, bis hinunter zur Lennéstraße Ecke Tiergarten. Schmal ist die Straße, aber mit breiten Bürgersteigen und Bäumchen im Kiesbett, und auf der Mitte öffnet sie sich zum Inge-Beisheim-Platz samt Brunnen. Und: Dies ist eine Spielstraße, offiziell ausgewiesen sogar, mit dem blauen Schild, darauf weiß ein Strichmannpapa, der mit dem Strichmannkind Fußball spielt. Wenn endlich das Pressluftgehämmere von Ferne aufhört, wird sich hier die Stille fangen. Ruhe im Zentrum, das ist das Versprechen, das die Straße gibt.

Die Straßenpioniere, sieht man mal ab von den Ritz-Carlton-Leuten oben links und den Marriott-Leuten unten rechts, sind Cornelia und Andreas Scholz: ursprünglich Banker, jetzt Wirte. Seit gestern verkaufen sie in ihrem neu eröffneten „Cornwall Pasty“-Laden typisch südenglische Blätterteigpasteten. Sie passen gut in die Gegend, in der mit fast britischem Understatement die noch leeren Ladenlokale mit mattierten Fenstern versehen werden, um Spaziergängern den Anblick rohen Betons zu ersparen. Und tatsächlich kam sogar der britische Botschafter zur Eröffnung. „Ein Stückchen England“ lobte er.

Der „elegante Gegenpol zum mittelmäßigen Mix am Potsdamer Platz“ soll das Beisheim-Karree werden, sagt Andreas Kogge, Geschäftsführer der Firma Kempers, die die Vermietung der Ladenlokale übernommen hat. Ein „besseres Café“ wünscht er sich noch, einen Juwelier, eine Bar, eine Galerie und ein schönes Blumengeschäft. Es gibt da nur ein Problem. Die „hochwertigen Mieter“ scheinen sich schwer zu tun mit den „höherwertigen Mieten“, weitere Verträge sind noch nicht abgeschlossen – was auch damit zu tun hat, dass, nach Informationen des Tagesspiegels, die 13 000 Quadratmeter Bürofläche ebenfalls noch nicht vermietet werden konnten und von etwa 50 Luxuswohnungen erst zehn verkauft. Keine Mieter, weniger Passanten – zu wenig Umsatz für den Handel?

Auch sonst ist noch längst nicht alles fertig in der Straße. Hier steht noch eine Schubkarre, dort steht Steffen Klose von der Firma Mabau und starrt abwechselnd auf den Boden und seinen Block. Mabau hat die Straßen gebaut, und jetzt malt Klose alles nochmal auf, für die Abrechnung: so viele Bodenplatten, so viele Mosaike. Und aus der Tiefgarage zieht noch kein Benzindunst, sondern der von frischem Beton. Aber das normale Leben ist absehbar. Ein Marriott-Page rollt mit Gepäckwagen auf dem Platz herum. Und im Hinterhof des Ritz- Carlton düngt ein Mitarbeiter Buchsbäumchen, die in Drahtgittern stehen, als kämen nachts die Karnickel. Fehlt nur noch ein Straßencafé.

Cornwall Pasty, Auguste-Hauschner-Str. 1, 8-20 Uhr, Preise: 1,95 bis 3,45 Euro.

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