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Durchgerüttelt, nicht nur vom Kopfsteinpflaster. Die verhängnisvolle Geschichte eines Rüpelradlers.

© Guido Kirchner / dpa

Von Tag zu Tag: Durchgerüttelt

Bernd Matthies hat in Cottbus einen echten Rüpelradler gefunden. Eine Glosse über ein schwer greifbares Phänomen.

Der Rüpelradler ist ein schwer greifbares Phänomen. Es gibt ihn nachweislich in unzähligen Varianten, aber da er stets unerkannt verschwindet, müssen wir mutmaßen: Ist er ein von seinen Disponenten gnadenlos gehetzter Kurier? Ein Triathlet, der sich mit ödem Warten an der Ampel seinen Rekord versauen würde? Oder jemand, der als Radler an sich moralisch derart turmhoch aus der Masse ragt, dass er daraus ein ewiges Vorfahrtsrecht ableitet?

In Leipzig haben sie neulich mal einen geschnappt. Er war in eine Fußgängergruppe gerast, hatte einen kleinen Hund überfahren, dessen Besitzerin verletzt. Alsbald stellte sich heraus: Er wohnt in Cottbus – und ist Richter. Also, ein richtiger Richter, mit Robe und allem Drum und Dran. Was genau ihn zu diesem Verhalten getrieben hat, ist auch nach der Gerichtsverhandlung nicht ganz klar.

Aber wir können vielleicht sagen, dass er seinen Verteidiger dort all jene Schutzbehauptungen vortragen ließ, die ihn selbst im Dienst verlässlich zur Weißglut getrieben hätten: Er habe wegen des Fahrtwindes keine Rufe gehört, sei beim Ausweichen auf dem Randstreifen „durchgerüttelt“ worden, und die verletzte Fußgängerin habe sich „irregulär“ bewegt.

Das Gericht blieb unbeeindruckt und verhängte nun 50 Tagessätze zu je 140 Euro und einen Monat Fahrverbot. Rechtskräftig ist dieses Urteil noch nicht. Es wäre aber ungewöhnlich für einen Rüpelrichterradler, wenn er das Urteil eines Kollegen einfach so akzeptierte.

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