
© Nassim Rad / Tagesspiegel
Ehemalige „Tagesthemen“-Moderatorin Aline Abboud: „Viele meiner Freunde gucken keine Nachrichten mehr“
Mit Baby und ihrem ersten Buch startet Aline Abboud neu in Berlin. Im Interview spricht sie über ihre Wurzeln im Nahen Osten und in Ostdeutschland – und über die vielen Dörfer der Stadt.
Stand:
Frau Abboud, Sie haben bei einem Familienurlaub im Libanon einmal einen Bombenangriff erlebt. Seitdem, sagen Sie, hassen Sie Silvester. Wie sind Sie diesmal ins neue Jahr gestartet?
Ganz ruhig in Brandenburg auf dem Land. Ich habe ja nicht nur ein kleines Kind, sondern auch einen Hund – schon deshalb sind wir an Silvester als Familie aus der Stadt geflüchtet. Das war eine der wenigen guten Sachen der Corona-Zeit: dass einmal die Böllerei zum Jahreswechsel ausgefallen ist. Ich kenne viele Menschen aus dem Nahen Osten, die in Berlin leben und für die die Vibrationen der Knaller die Hölle sind. Meine Oma, die auch noch Kriegserfahrung hat, empfindet es ähnlich.
Sie haben einen libanesischen Vater und eine DDR-sozialisierte Mutter und bezeichnen sich als „Halblibanesin mit ostdeutschem Migrationshintergrund“. Ist Herkunft wirklich so wichtig?
Eigentlich müsste es egal sein, woher man kommt, aber das ist es gerade heute nicht. Es braucht wieder mehr Verständnis für verschiedene Kulturen und Herkünfte. Besonders der Nahe Osten und der Osten von Deutschland werden immer als etwas Negatives und Alienhaftes dargestellt. Da leben alle Ossis in Dunkeldeutschland und alle Menschen im Libanon sind nur mittellose Flüchtlinge. Ich bin eine Deutsche, die beide Kulturen mitbringt. Ich betone das gerne und will damit zeigen, wie divers unser Land ist.
In Ihrem neuen Buch „Barfuß in Tetas Garten“ erzählen Sie vom Aufwachsen in Berlin-Pankow und den alljährlichen Ferien im Libanon bei der Familie Ihres Vaters, aber auch vom Mobbing in Ihrer Schule. Haben Sie sich oft als Außenseiterin gefühlt?
Ich war klein, trug eine Brille und einen Kurzhaarschnitt. Ich wurde unter anderem beim Sport gehänselt, weil ich beim Bocksprung hängen blieb oder ein Rad nicht konnte. Da kamen ständig Sticheleien, die mich wie Stiche trafen. Die Lehrer haben mich nicht geschützt, sondern auf ihre Art mitgemacht. „Du bist zu still“, haben einige gesagt.
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