
© Soeren Stache/dpa
Tod einer Radfahrerin in Berlin: Ehemaliger Busfahrer muss 4000 Euro wegen fahrlässiger Tötung zahlen
Im Januar 2020 hatte Andreas H. den Blinker nicht gesetzt - und eine 35-Jährige überrollt. Als Busfahrer arbeitet er inzwischen nicht mehr.
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Ein Sonntag. Kaum Verkehr auf den Straßen. Ein Busfahrer aber versagte. Andreas H. bog mit einem zwölf Meter langen „Citaro“-Bus rechts ab, ohne den Blinker zu setzen. Er sah vermutlich auch nicht in den rechten Außenspiegel. Der Bus der Linie 265 erfasste im Treptower Ortsteil Johannisthal eine Radfahrerin. Die 35 Jahre alte Frau wurde überrollt. Jede Hilfe kam zu spät. Es sei mit Worten kaum zu beschreiben, wie leid es ihm tue, sagte H. am Mittwoch im Prozess wegen fahrlässiger Tötung vor dem Amtsgericht Tiergarten.
Andreas H. ist 64 Jahre alt. Er saß fast sechs Jahre als BVG-Busfahrer am Steuer und machte seine Arbeit gut, bis er am 19. Januar 2020 die „erforderliche Sorgfalt“ – wie es in der Anklage heißt – nicht wahrgenommen habe. „Insbesondere wurde durch den Angeklagten der rechte Blinker des Linienbusses nicht betätigt, sodass das Abbiegeassistenzsystem nicht aktiviert gewesen ist.“
Es geschah an der Kreuzung Groß-Berliner-Damm, Ecke Pilotenstraße. Gegen 12.30 Uhr wollte H. rechts abbiegen. Für ihn Routine: An jenem Sonntag hatte er die Strecke bereits zweimal absolviert. „Die Pilotenstraße ist eine enge Straße“, sagte der Angeklagte. Mit einem Bus würden an den Seiten jeweils nur 20 Zentimeter bleiben. „Wegen parkender Fahrzeuge links und rechts.“ Etwa rechtwinklig wollte er um die Kurve ziehen.
„Wahrscheinlich habe ich nicht geblinkt“, gab H. zu. Ansonsten wäre die eingebaute Assistenz für ein Abbiegen angegangen: Ein Monitor zeigt dem Busfahrer, was auf der rechten Seite des Fahrzeugs passiert. „Der Monitor war bei Übernahme des Busses wie üblich getestet worden, er funktionierte“, sagte H.
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Doch er sah die Radfahrerin nicht, die ebenfalls den Groß-Berliner-Damm befuhr, ihr Tempo dann reduzierte und in den Kreuzungsbereich rollte. Fahrgäste im Bus schrien auf. „Der Bus bog ab und stieß sie um“, schilderte ein 31-jähriger Zeuge. „Sie wollte geradeaus.“ Die Radfahrerin fiel zu Boden und wurde überfahren.
Fahrrad und Bus kollidierten hinter der Vorderachse des Busses, erklärte ein technischer Gutachter. Die Abbiegekamera, die durch ein Blinken aktiviert wird, sei technisch in einwandfreiem Zustand, aber zu keinem Zeitpunkt eingeschaltet gewesen. Ein zweiter Fehler sei hinzugekommen: „Die Kollision wäre auch bei einem Blick in den rechten Außenspiegel zu vermeiden gewesen.“ Über die Hilfstechnik mit Monitor sagte der Gutachter: „Es gibt intelligentere Systeme.“
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Der Staatsanwalt ging von einem „Augenblicksversagen“ aus. Weder Radfahrerin noch Busfahrer seien zu schnell gewesen. Doch H. blinkte nicht und sah nicht hin. Eine Strafe von 4000 Euro beantragte der Staatsanwalt. Der Verteidiger erklärte: „Ein verhängnisvoller Fehler mit schrecklichen Folgen.“ Andreas H. sagte, er schäme sich und wolle der Familie sein Mitgefühl ausdrücken.
Busfahrer ist er seit dem Unfall nicht mehr. Es schnüre ihm den Hals zu, wenn er nur einen Bus sehe. Inzwischen sei er Rentner. Das Gericht schloss sich dem Antrag des Staatsanwalts an und verhängte wegen fahrlässiger Tötung eine Strafe von 80 Tagessätzen zu je 50 Euro.
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