
© Frank Jansen
Opfer eines Neonazi-Anschlags: Klaus Baltruschat im Alter von 90 Jahren in Berlin gestorben
Vor 28 Jahren wurde der Buchhändler von einem Neonazi niedergeschossen. Er überlebte schwer verwundet. Nun ist Baltruschat in Marzahn verstorben.
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Das Linken-Mitglied Klaus Baltruschat ist im Alter von 90 Jahren in Marzahn verstorben. 1997 wurde der Buchhändler Opfer eines rechtsextremen Anschlags. Ein damals 24-jähriger Neonazi, Kay Diesner, schoss ihn in seinem Geschäft nieder. Dass er überlebte, ist ein Wunder. Eine schwere Behinderung trug er dennoch davon: Die Munition zerfetzte seinen linken Arm. Er musste amputiert werden. Einen Finger der rechten Hand verlor er ebenfalls.
Neonazi Diesner betrachtete die Tat als Rache für Prügel, die Kameraden von ihm bei einem Angriff von Autonomen am S-Bahnhof Wuhlheide abbekommen hatten. Am 19. Februar 1997 ging er in Marzahn in das Haus, in dem sich neben Baltruschats Buchladen damals auch ein Büro des Linken-Politikers Gregor Gysi befand. Er wollte irgendeinen Linken bestrafen – und schoss auf den ersten, der ihm begegnete: Klaus Baltruschat.
Der Täter ist irgendwann raus aus dem Gefängnis. Aber die Opfer haben lebenslang.
Klaus Baltruschat
Bei seiner Festnahme vier Tage nach dem Anschlag erschoss Diesner einen Polizisten. Wenig später wurde er wegen Mordes zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt. 19 Jahre saß er in der JVA Lübeck – wegen Mordes und besonderer Schwere der Schuld. Im Juni 2016 kam er frei, auch die folgenden fünf Jahre Bewährung brachte er hinter sich.
Wenige Jahre zuvor hatte sich Diesner von der rechten Szene gelöst. „Eines Tages hab’ ich gesagt, ist alles Scheiße“, sagte er dem Tagesspiegel 2013 bei einem Telefonat aus dem Büro des JVA-Leiters. Heute soll er ein bürgerliches Leben führen. Anschlag-Opfer Baltruschat kommentierte die Situation so: „Der Täter ist irgendwann raus aus dem Gefängnis. Aber die Opfer haben lebenslang.“
Dem Landesgeschäftsführer der Linken, Bjoern Tielebein, zufolge war Baltruschat bis zuletzt politisch aktiv. Sein Buchgeschäft lag im Erdgeschoss der Marzahner Geschäftsstelle der Partei. Die trauert nun um ihr langjähriges Mitglied. Baltruschats Worte – „Wenn man die Faschisten gewähren lässt, greifen sie zum Gewehr“ – seien ein Handlungsauftrag, erklärt der Linken-Landesgeschäftsführer in der Stellungnahme der Partei. (Tsp)
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