zum Hauptinhalt

Klimawandel: Ein heißes Thema für Berlin

Schwimmen in der Spree? So wird es wohl nicht kommen. Experten erwarten zwar einen Temperaturanstieg von 2,4 Grad durch den Klimawandel - aber auch weniger und brackiges Wasser in den Flüssen. Was kommt auf die Berliner zu?

Der Traum vom Baden in der Spree wird vielleicht nie wieder Wirklichkeit – zumindest nicht im Sommerhalbjahr. Denn der Klimawandel dürfte den Berliner Gewässern ein massives Qualitätsproblem bescheren: Im wärmeren Wasser wuchern die Algen, und weil oft überhaupt kein frischer Nachschub mehr aus Spree und Havel in die Stadt fließt, verschlammt auch noch der Grund, so dass die gestaute Brühe immer trüber wird.

Dieses Szenario beschreiben Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Das Institut, das auch die Bundeskanzlerin berät, untersucht zurzeit die Auswirkungen des Klimawandels für Berlin und das Umland. Die bisherigen Ergebnisse sind zwar noch vorläufig, aber sie zeigen bereits deutliche Trends.

Auffällig ist beispielsweise die Tendenz zu viel wärmeren Frühjahren: Der durchschnittliche Mai um das Jahr 2050 wird 3,2 Grad wärmer sein als ein bisher gewohnter. Übers Jahr betrachtet, wird die Durchschnittstemperatur in den nächsten 40 Jahren um knapp 2,4 Grad steigen – und zwar umso schneller, je weiter die Zeit voranschreitet. Insofern deutet der Zwischenbericht auch an, was der Region langfristig bevorstehen dürfte. „Für die Zeit nach 2050 werden natürlich die Unsicherheiten größer“, sagt Projektleiter Hermann Lotze-Campen vom PIK. „Aber die Wahrscheinlichkeit für dramatischere Ereignisse steigt.“

Dazu gehören gesundheitsgefährdende Hitzeperioden ebenso wie der Wechsel aus langen Trockenphasen mit heftigen Regengüssen. Lotze-Campen erinnert ans vergangene Jahr, als auf den extrem trockenen April der nasseste Mai aller Zeiten folgte. Im Jahresmittel könnte die Regenmenge durchaus konstant bleiben, schreiben die Forscher. Aber: Die 57 Zentimeter Regen, die pro Durchschnittsjahr auf den Quadratmeter fallen, prasseln eher im Winterhalbjahr auf Stadt und Umland, während es in den Sommern mindestens zehn Prozent weniger regnen dürfte als bisher. Das bedeutet zusätzlichen Stress für das Grün von Wäldern und Parks.

Dramatisch wird die Trockenheit aber erst dadurch, dass in der wärmeren Luft viel mehr Wasser verdunsten kann: „Ab 2030 ist in Trockenperioden im Sommer damit zu rechnen, dass der Zufluss des Berliner Gewässersystems zum Erliegen kommt“, heißt es in der Studie. Die Folge: Fischarten wie Barbe und Quappe sterben in der Spree aus. In Feuchtgebieten wie dem Spreewald kann die Verdunstung sogar größer werden als der Nachschub, so dass sich der Spreewald auf Dauer wohl nur durch künstliche Bewässerung oder die Zuleitung von Grundwasser retten lassen wird – wo auch immer dieses Wasser herkommen kann.

Im Winter dagegen können Bäume auf regennassen, frostfreien Böden leichter als bisher vom Sturm umgeworfen werden. Ob es überhaupt mehr stürmen wird, ist zwischen den Wissenschaftlern noch umstritten und – anders als beim bereits gemessenen Temperaturanstieg um ein Grad in Berlin seit 1901 – auch bisher nicht statistisch nachweisbar.

Gegen Ende dieses Jahres soll die vom Land in Auftrag gegebene Studie fertig sein. Der Senat verspricht sich von der Expertise vor allem Empfehlungen für die Forsten und die Stadtgüter im Umland – zusammen fast 60 000 Hektar. Die Endfassung der Studie soll auch Empfehlungen zur Anpassung an den Klimawandel enthalten. Fürs Erste resümiert Lotze-Campen nur: „Unsere Ausgangsposition ist relativ angenehm. Aber es lohnt sich nicht mehr nur wegen der Heizenergie, sein Haus zu dämmen, sondern auch wegen der Hitze. In der Wärmeinsel Berlin wird es längere Perioden geben, in denen es ungemütlich wird.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false