Berlin: "Eine Katastrophe für die Berufsschulen"
Mit harscher Kritik haben Vertreter von Berufsschulen und der parlamentarischen Opposition auf den Beschluss des Senats reagiert, die Lernmittelfreiheit für Auszubildende im dualen System aufzuheben. Wie berichtet, sollen pro Schüler und Jahr 60 Mark eingespart werden, bei rund 64 000 betroffenen Berufsschülern ergibt sich nach Auskunft der Senatsschulverwaltung eine Summe von 3,8 Millionen Mark im Jahr.
Mit harscher Kritik haben Vertreter von Berufsschulen und der parlamentarischen Opposition auf den Beschluss des Senats reagiert, die Lernmittelfreiheit für Auszubildende im dualen System aufzuheben. Wie berichtet, sollen pro Schüler und Jahr 60 Mark eingespart werden, bei rund 64 000 betroffenen Berufsschülern ergibt sich nach Auskunft der Senatsschulverwaltung eine Summe von 3,8 Millionen Mark im Jahr. Kürzungen soll es beim Etat nur bei jenen Schülern geben, die als Auszubildende ein eigenes Gehalt beziehen, betonte Verwaltungssprecherin Rita Hermanns. "Die Funktionsfähigkeit des Unterrichts ist gefährdet", sagte nun Klaus Gehrmann, Pressesprecher des Verbandes der Lehrer an Wirtschaftsschulen und Leiter des Tiergartener Oberstufenzentrum Banken und Versicherung.
Lehrmittel, das sind Utensilien, mit denen die Lehrer arbeiten. Unter Lernmitteln versteht man hingegen Materialien "für die Hand des Schülers". Dass hier nun der Rotstift angesetzt wird, bedeutet für Klaus Poneß, Leiter des Oberstufenzentrums Konstruktionsbautechnik, "eine Katastrophe". 75 Mark sind an seiner Schule pro Schüler pro Haushaltsjahr veranschlagt. Wenn nun 60 Mark davon abgezogen werden, werde ein riesiges Loch aufgerissen. Zu den Lernmitteln gehören im fächerübergreifenden und handlungsorientierten Unterricht längst auch so teure Geräte wie Computer; aber auch Werkstoffe seien sehr kostenintensiv. Der Preis allein für ein Fachbuch liege oft über sechzig Mark. Aus dem Lernmitteletat werden auch die Kosten für Fotokopien gedeckt - nicht nur an Berufsschulen eines der gängigsten Arbeitsmittel. "Der Regelbetrieb wird kaum mehr aufrecht zu erhalten sein", kritisierte Poneß.
Bei der Senatsschulverwaltung hieß es zu den Kürzungen, die Lernmittel-Einsparung sei eine der letzten Möglichkeit gewesen, überhaupt noch irgendwo zu kürzen. "An die Klassenfrequenzen und das Unterrichtsangebot wollen wir nicht heran", und für noch mehr Mehrarbeit als Alternative würden sich die Lehrer sicher auch nicht aussprechen, sagte Rita Hermanns. Azubis verfügten im Gegensatz zu anderen Schülern über ein - wenn auch geringes - Einkommen. Dazu sagte Pit Rulff vom Personalrat für berufsbildende Schulen, dass Gymnasiasten aus einem anderen finanziellen Umfeld stammen als Lehrlinge. Schulexperte Özcan Mutlu von den Bündnisgrünen verknüpfte seine Kritik mit der Forderung, Berufsschulen sollten selbstständiger wirtschaften und Geld erwirtschaften dürfen.