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Beim Antrag auf Elterngeld braucht man vor allem eins: Geduld.

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Chaos in Bearbeitungsstellen: Elterngeld-Anträge bleiben Monate in Bezirken liegen

Sie sind überlastet oder fehlen gleich ganz: Die Mitarbeiter in den Bearbeitungsstellen für Bafög und Elterngeld. Vor ihnen stapeln sich die Unterlagen und in Berlin warten Azubis und Studenten auf ihr Geld.

Chaos im Rathaus Charlottenburg-Wilmersdorf. Die beim Sozialamt angesiedelte Bafög-Bearbeitungsstelle für sieben Bezirke und die Elterngeldstelle beim Jugendamt werden der Antragsflut aus Personalmangel nicht mehr Herr, es gibt monatelange Bearbeitungszeiten. Aber auch in einigen anderen Bezirken klemmt es.

Als sie im August ihren Elterngeldantrag abgab, hieß es, die Bearbeitung dauere acht Wochen, berichtet eine Tagesspiegel-Leserin. Auf spätere Nachfrage wurden daraus zwölf Wochen, im November war dann von 15 Wochen die Rede, vor ihrem seien noch rund 50 weitere Fälle zu bearbeiten, so die Behörde.

Bereits seit 1. November ist die Elterngeldstelle für Besucher geschlossen. Drei der sechs Mitarbeiterinnen fehlen, je eine wegen langfristiger Erkrankung, Schwangerschaft und Wechsel in einen besser bezahlten Job beim Senat. Dabei gibt es gerade in Charlottenburg-Wilmersdorf viele Selbstständige und binationale Paare, deren Anträge besonders schwierig zu bearbeiten sind, sagt Jugendstadträtin Elfi Jantzen (Grüne). Die drei verbliebenen Teilzeitkräfte stehen vor einem durch ständige Neuanträge permanenten Berg von 800 Anträgen.

Andere Bezirke haben ihre Bitte um Leihpersonal unter Hinweis auf die eigenen Engpässe abgelehnt, so Jantzen. Stellen erkrankter Mitarbeiter dürfen nicht neu besetzt werden. Zwei Kräfte sollen jetzt eingestellt werden, doch auch das dauert auf dem Amtsweg bis Januar oder Februar. „Für die Eltern unzumutbar, für die Mitarbeiterinnen auch.“

In Neukölln dauert die Bearbeitung bei einem Rückstau von 850 Anträgen bis zu zwölf Wochen. Der Krankenstand ist wegen der extremen Belastung der Mitarbeiter hoch, so Stadtrat Falko Liecke (CDU). Weil der Bezirk sein Personalabbausoll erfüllt hat, konnten hier zumindest drei Teilzeitkräfte eingestellt werden. Liecke denkt darüber nach, die Bearbeitung zum Teil an eine Privatfirma auszulagern. Zuvor wären aber finanzielle und rechtliche Probleme wie der Datenschutz zu klären. In Mitte liegt man mit sechs Wochen knapp über der Vorgabe von einem Monat Bearbeitungszeit. In Reinickendorf sind es drei bis sechs Wochen, in Marzahn-Hellersdorf stand vorübergehend nur eine Mitarbeiterin zur Verfügung, inzwischen hat sich die Lage entspannt. Statt zwölf müssen Eltern nur noch vier Wochen auf ihren Bescheid warten.

Dramatisch ist die Situation auch beim Bafög. In Charlottenburg-Wilmersdorf werden als „regionalisierte Aufgabe“ auch die Anträge aus Mitte, Neukölln, Reinickendorf, Spandau, Steglitz-Zehlendorf und Tempelhof-Schöneberg bearbeitet. Bis Ende Oktober gingen 6300 Anträge ein, erst 2700 davon sind abgearbeitet, sagt Sozialstadtrat Carsten Engelmann (CDU). Besonders hoch ist der Anteil von Jugendlichen, die eine Berufsausbildung begonnen haben und berufsbildende Schulen besuchen.

Sieben der 23 Mitarbeiter, die noch weitere Aufgaben erfüllen müssen, sind krank. Seit Oktober gibt es keine Sprechstunden mehr, Anrufe werden nur sporadisch beantwortet. Die Bearbeitungszeit liegt bei vier Monaten. Das ist dramatisch, weil Vorschüsse nur für zehn Wochen gezahlt werden dürfen. Es besteht die Gefahr, dass Jugendliche dann ihre Ausbildung aus Geldmangel abbrechen und beim Jobcenter landen. Dort habe man bereits gedroht, sie zum Sozialamt zurückzuschicken, so Stadtrat Engelmann.

Allein fürs Berufsschüler-Bafög würden dem Amt vier zusätzliche Stellen zustehen. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend, Wissenschaft unterstütze die Forderung, doch der Finanzsenator habe die Bewilligung verweigert. Aus dem Personalbestand kann der Bezirk, der bis 2016 weitere 73 Vollzeitstellen abbauen soll, die Lücke nicht schließen. Und im April startet die nächste Antragswelle.

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