Berlin: Engere Grenzen setzen
Landeskommission: Justiz soll straffällige Kinder aus Migrantenfamilien den Jugendämtern melden
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Eltern aus Einwandererfamilien sollen prügelnden Söhnen engere Grenzen setzen. Das fordert die Landeskommission gegen Gewalt, in der seit 2005 auch Vertrter aus Jugend- und Ausländerverbänden zusammen sitzen: Laut Kriminalstatistik schlagen Jungen aus dem arabischen Raum sehr viel häufiger zu als Gleichaltrige deutscher Herkunft. Die arabischen Gemeinschaften sollten mehr Verantwortung für ihre eigene Integration übernehmen, sagte der Vorsitzende der Kommission, Innenstaatssekretär Thomas Härtel (SPD): „Dazu brauchen wir aber einen besseren Zugang zu den Familien der Täter.“
Kriminelle Karrieren junger Männer aus dem Nahen Osten würden durch eine falsche Erziehung begünstigt, heißt es im Abschlussbericht der Landeskommission, der dem Tagesspiegel vorliegt. Vielerorts duldeten Eltern zum Beispiel, dass ihre Kinder der Schule unerlaubt fernblieben. Häusliche Gewalt und traditionelle Normen, die nicht dem deutschen Rechtsverständnis entsprächen, seien häufig eine Ursache für gewalttätiges Verhalten von Einwandererkindern. In allen Bezirken sollen deshalb Präventionsgremien eingerichtet werden. Jugendämter, Polizei und Schule müssten außerdem besser zusammen arbeiten.
Die Autoren der Studie empfehlen auch, die Dauer von Gerichtsverfahren zu verkürzen, und „so schnell wie möglich auf Straftaten zu reagieren“. Die Akten straffälliger Kinder, deren Verfahren die Staatsanwaltschaft aus Altersgründen einstellen musste, sollen in bestimmten Fällen den Jugendämtern übermittelt werden. Man müsse außerdem überprüfen ob datenschutzrechtliche Vorschriften wirksame Präventionsmaßnahmen verhinderten.
Während 2006 nur jeder siebte deutsche Jugendliche durch eine Straftat aufgefallen ist, galt dies für jeden dritten ausländischen Gleichaltrigen. Bei jungen Schlägern hatte knapp die Hälfte einen Migrationshintergrund, bei so genannten Intensivtätern waren es gar 80 Prozent.
Um Intensivtäterkarrieren rechtzeitig zu verhindern, müsse schon in der Grundschule mit der Prävention begonnen werden, sagte Härtel: „Vereinssport kann eine Möglichkeit sein.“ Beobachteten etwa ein Lehrer bei Zwölfjährigen zunehmende Gewaltbereitschaft, sei in Kooperation mit dem Jugendamt ein „vernünftiges Freizeitangebot“ zu schaffen. Im Juli will die Kommission dem Senat konkrete Maßnahmen vorschlagen.
Der Bericht weist jedoch auch darauf hin, dass eine anhaltende Diskriminierung, fehlende Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt und eine weit verbreitete Islamophobie die Integration erschwerten. In Berlin habe es 2006 fast wöchentlich einen rassistischen Überfall gegeben, sagen Experten.
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