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Nach Liebig-14-Räumung: Entwarnung für Berlins ehemalige Hausbesetzer

Gibt es nach der Räumung der Liebigstraße 14 weitere Konflikte? In den meisten links-alternativen Häusern haben Bewohner gültige Verträge. Offen ist die Auseinandersetzung um ein ehemals besetztes Haus in der Linienstraße.

Die Liebigstraße 14 ist geräumt – folgen nun weitere ehemals besetzte Häuser? Denn der Eigentümer besitzt in der Rigaer Straße mehrere Immobilien – auch dort gab es jahrelang Auseinandersetzungen mit den Bewohnern. Doch der Justizverwaltung sind keine Räumungsklagen bekannt: weder im Falle der einst umstrittenen „Rigaer 94“ noch bei den Nachbarhäusern 95 und 96. Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg heißt es laut Bürgermeister Franz Schulz, dass sich die Lage aber „jederzeit wieder zuspitzen kann“.

Dies würde dann aber Häuser betreffen, deren Bewohner rechtlich betrachtet ganz gewöhnliche Mieter sind. Denn auch bei der Senatsverwaltung für Inneres heißt es: „Aus Sicht der Polizei gibt es in Berlin keine besetzten Häuser mehr“, so Sprecherin Kristina Tschenett. Allenfalls wenn ein zivilrechtlicher Streit zwischen einem Mieter und seinem Vermieter gerichtlich ausgefochten sei und ein Räumungstitel vorliege, könne es zu Polizeieinsätzen kommen – wenn der Gerichtsvollzieher um Amtshilfe bitte, um den Gerichtsbeschluss durchzusetzen.

Auszuschließen ist das in der „Rigaer 94“ nicht: Denn der Eigentümer hat bewiesen, dass er vor solchen Maßnahmen nicht zurückschreckt – und die Mieter haben ihre Wehrhaftigkeit unter Beweis gestellt. Andererseits gibt es dafür zurzeit auch keine Anzeichen. Von „ganz gewöhnlichen Mietrechtsstreitigkeiten“, spricht der Geschäftsführer des Mietervereins, Reiner Wild. Vor knapp zwei Jahren wechselten zwei Mieter böse Briefe mit dem Hauseigentümer – wegen Mängeln und Betriebskostenabrechnungen.

Das sind Kleinigkeiten gemessen an der bewegten Geschichte des Hauses. Die Auseinandersetzung um die Rigaer 94 geht bis ins Jahr 1990 zurück, als das Wohnhaus besetzt wurde. Zwei Jahre später erhielten die Besetzer einen Rahmenvertrag mit Einzelmietverträgen. Danach wechselte wiederholt der Hauseigentümer, bis die Immobilie etwa zehn Jahre später an den heutigen Eigentümer ging, der auch die Liebigstraße 14 besitzt. Doch nach erbitterten Auseinandersetzungen um das Wohnrecht der Nutzer mit einigen Räumungsklagen, Gerichtsverfahren, Polizeieinsätzen und der Räumung von Teilen des Hauses wurde es ruhig.

Offen ist dagegen die Auseinandersetzung um ein ehemals besetztes Haus in der Linienstraße Ecke Kleine Rosenthaler. „Es gibt Bemühungen, das Gebäude an eine Stiftung zu verkaufen, die den Nutzern Mietverträge geben will, aber das scheitert am heutigen Eigentümer“, sagt Mittes Bezirksbaustadtrat Ephraim Gothe. Das Haus ist eines der letzten, die schon in der Nachwendezeit besetzt wurden – und heute eines der letzten unsanierten in der Spandauer Vorstadt. Erfolg mit dem Stiftungmodell hatte der Bezirk bei zwei anderen Projekten der alternativen Szene: Dem „Atelierhaus Wiesenstraße“ und „Exrotaprint“ wurden Ersatzflächen aus dem Fundus des Liegenschaftsfonds angeboten, finanziert von der Schweizer Stiftung Edith Maryon. Gothe meint deshalb, „es kann gelingen, Projekte zu befrieden“. Und er nennt ein weiteres Beispiel: die Wagenburg „Schwarzer Kanal“, die von einem Schulgrundstück in der Luisenstadt auf ein nicht vermarktbares Areal des Liegenschaftsfonds in Neukölln umzog.

Auf Vermittlung setzt auch Bezirksbürgermeister Schulz: Oft seien es ja „die zugefügten Verletzungen“, die gütlichen Einigungen im Wege stünden. Wie bei ganz gewöhnlichen Streitigkeiten um Mietangelegenheiten eben. Ralf Schönball

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