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Weitere Entwicklungen auf dem Berliner Wohnungsmarkt gelten unter Experten als ungewiss.

© dpa/ Bernd von Jutrczenka

Ergebnisse des Mietspiegels 2019: Mietpreise in Berlin steigen langsamer

Die Mieten bestehender Verträge steigen zwar langsamer, das Wohnen frisst aber immer mehr der schwach steigenden Einkommen. Eine Analyse.

Die Durchschnittsmiete in Berlin für bestehende Verträge bleibt unter sieben Euro je Quadratmeter nettokalt. So steht es im neuen Mietspiegel 2019, den die Senatorin für Stadtentwicklung an diesem Montag vorstellt. Und das Tempo, mit dem die Mieten steigen, hat sich nahezu halbiert. Ist das die Wende zum Guten am Wohnungsmarkt?

Dafür spricht auch, dass eine Beratungsfirma in ihrem Quartalsbericht den ersten Rückgang der Mieten für freie Wohnungen seit dem Jahr 2005 vermeldet, auch in Berlin. Allerdings relativieren die Marktauguren selbst, dass die weitere Entwicklung ungewiss ist. Und von den Wohnungssuchenden und Tagesspiegel-Lesern ist allenthalben zu hören und zu lesen, dass bezahlbare Angebote Mangelware sind: Weit überwiegend würden Wohnungen mit befristeten Mietverträgen angeboten, mit einer Staffelmiete, sehr viele dazu möbliert.

Die günstigste der nur 3300 Mietwohnungen im Angebot der größten Internet-Plattform Immoscout ist eine Ein-Zimmer-Keller-Wohnung, 29 Quadratmeter klein, für 227,85 Euro, fast acht Euro je Quadratmeter.

Ein-Zimmer-Keller als "gemütliche Seniorenwohnung"

Halt, eine „gemütliche Seniorenwohnung“ an Spandaus Heerstraße ist günstiger zu haben. Doch diese bietet die landeseigene Gewobag an. Die Firmen unter Kuratel des Senats sind „die Guten“. Wer dort einen Vertrag bekommt, muss bestenfalls mit Mieterhöhungen von zwei Prozent im Jahr rechnen und wird garantiert nicht mehr bezahlen, als der Mietspiegel „ortsüblich“ nennt.

Das ist so, weil die Senatorin für Wohnen, Katrin Lompscher (Linke), den sechs Firmen eine zusätzliche senatseigene Mietenbremse aufgebürdet hat. Experten halten das für einen der Gründe für die halbierte Preisdynamik im Mietspiegel 2019. Die Ausweitung der Milieuschutzgebiete, wo Modernisierungen nur mit Zustimmung des Bezirks erlaubt sind und Mieterhöhungen abgesprochen werden müssen, bremsen auch die Mieten im Bestand. Dazu kommt die Kappungsgrenze von 15 Prozent in drei Jahren für private Vermieter – das zusammengenommen erklärt den moderaten Anstieg der Durchschnittsmiete um 2,5 Prozent.

Entwarnung kann deshalb noch lange nicht gegeben werden: Die Deutsche Wohnen klagt bis heute gegen einzelne Mieter und verlangt mehr, als nach Mietspiegel 2017 korrekt wäre – und lehnt diesen in Klageschriften ab. Wenigstens eine von drei Kammern des Landgerichts hat die Firma erhört und beauftragt Gutachter damit, eine „angemessene“ Miete zu ermitteln. Es ist davon auszugehen, dass auch der neue Mietspiegel 2019 juristisch angegriffen wird. Auf Rendite getrimmte Konzerne haben nun erst recht jeden Grund, dies zu tun, eben wegen des nun abgebremsten Mietenanstiegs.

"Entmietungen" durch aggressive Miethausspekulanten

Dasselbe gilt für die „Entmietung“ von Wohnungen durch aggressive Miethausspekulanten in der Stadt: Ein Viertel mehr Miete winkt im Durchschnitt bei Neuvermietung, in Einzelfällen beim Auszug langjähriger Mieter sogar ein Vielfaches davon.

Diesen Druck kann der Senat nur durch eine Vergrößerung des Wohnungsangebots mindern. Immerhin meldet das Amt für Statistik im ersten Quartal dieses Jahres die Genehmigung von 4840 neuen Wohnungen, elf Prozent mehr als im Vorjahr. Weniger Wohnungen werden nur in Ein- und Zweifamilienhäusern genehmigt. Die Stadt kann sich diese lockere Bebauung nicht mehr leisten. Zu viele Menschen wollen herziehen.

Immer noch wächst Berlin um fast 40.000 Bewohner jährlich. Allein um ihnen allen ein Dach über den Kopf zu schaffen, müssten 20.000 Wohnungen im Jahr neu entstehen, und zwar bezugsfertig und nicht nur genehmigt. Diesem Ziel nähern sich die Bauherren Berlins nur zögerlich.

Das gebremste Tempo beim Mietenanstieg ist für die Berliner auch deshalb ein geringer Trost, weil das verfügbare Einkommen in der Stadt bei nur 90 Prozent des deutschen Durchschnitts liegt. Und es stieg auch zuletzt, seit 2010, langsamer als die Einkommen im deutschen Durchschnitt. Dagegen müssen Berlins Mieter 54 Prozent mehr Miete für den Quadratmeter bezahlen als im Bund üblich, so das Wohnportal immowelt.de.

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