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Erste Projekte müssen Mitarbeitern kündigen: Berlins Sozialverbände fordern Klarheit bei Sparkurs
Die Vorständinnen der Diakonie und des Paritätischen schildern, was die Einsparungen und ihre Umsetzung bei den Sozialprojekten auslösen. Sie kritisieren auch bürokratische Strukturen.
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Die Vorstände der Diakonie und des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Andrea Asch und Gabriele Schlimper, haben im Abgeordnetenhaus mehr Klarheit bei der Finanzierung sozialer Angebote in Berlin gefordert. Zudem warben sie für den Abbau bürokratischer Strukturen, die aktuell noch viel Zeit in Anspruch nähmen.
„Wir können davon ausgehen, dass 30 bis 40 Prozent der zur Verfügung stehenden Mittel für soziale Projekte für deren Verwaltung verwendet werden müssen“, sagte Schlimper am Mittwoch im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses. Das könne nicht zielführend sein.
Die anwesende Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) verwies in diesem Zuge auf ein Landesprojekt zur Vereinfachung von Zuwendungen. Im vergangenen Jahr wurden dabei zahlreiche Vorschläge erarbeitet. Man erhoffe sich davon Verbesserungen, sagte Kiziltepe.
Es ist ein Aderlass und ein Wegfall an Kompetenz.
Andrea Asch, Diakonie-Vorständin, über Kündigungen bei der Obdachlosenhilfe
Die Vertreterinnen der Wohlfahrtsverbände kritisierten vor dem Hintergrund der Einsparungen zudem die Unsicherheit bei der Projektfinanzierung durch das Land. Alle über das „Integrierte Sozialprogramm“ geförderten Projekte hätten nur vorläufige, auf Mitte des Jahres befristete Bescheide bekommen, sagte Asch. Mit diesen Bescheiden erfahren die Träger, wie viel Geld genau sie von der Verwaltung bekommen. Aktuell gebe es weder eine Arbeitsplatzsicherheit für die Mitarbeitenden noch für die Träger.
Asch nannte Beispiele, welche konkreten Auswirkungen es bereits jetzt gibt. So müsse etwa die Notübernachtung am Containerbahnhof zwei Personenstellen streichen. Auch das Kältehilfeprogramm Frostschutzengel müsse hochspezialisierten Mitarbeitenden, die in mehreren Sprachen Beratung anbieten, kündigen. Einem weiteren Träger drohe die Insolvenz. „Es ist ein Aderlass und ein Wegfall an Kompetenz“, sagte die Diakonie-Vorständin.
Schlimper machte auch auf die Unsicherheit bei den Tarifmitteln aufmerksam. Noch sei nicht klar, wann und wie die Tarifmittel ausgezahlt würden. So habe die Wissenschaftsverwaltung etwa mitgeteilt, dass Tarifmittel für 2025 erst ausgezahlt werden könnten, wenn alle anderen Ausgaben im Einzelplan abgeflossen seien. Das sei voraussichtlich im November, sagte Schlimper. „Das geht nicht.“ Mit den Tarifmitteln finanziert das Land Berlin die Tarifsteigerung bei den freien Trägern.
Senatorin Kiziltepe sagte mit Blick auf das laufende Jahr: „Unser Ziel ist es, bis Ende März Klarheit zu schaffen.“ Jede Zuwendungsstelle sei aber für sich selbst verantwortlich.
Schlimper warb für die Bedeutung der präventiven sozialen Projekte, die teure spätere Kosten verhinderten. Den Sozialverbänden begegne „ein großes Misstrauen“, das im Vergleich mit anderen Bundesländern einmalig sei. Sie warb darum, die notwendigen Einsparungen gemeinschaftlich umzusetzen. Schlimper und Asch forderten eine sichere Finanzierung, mittel- und längerfristig etwa über Festbetragsfinanzierung, und nicht nur ein- sondern auch zweijährige Zuwendungen.
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