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E-Fahrräder erreichen Geschwindigkeiten von 45 km/h.

© Tsp/Thilo Rückeis

Fahrräder: Rüstet ab, ihr Blender!

Flutlicht-Frontstrahler, Pedal-Motoren mit 850 Watt? Seid ihr lebensmüde, Radfahrfreunde? Schraubt mal runter – oder stellt euch in den Stau. Ein Kommentar.

Die Geräte heißen „BBB Swat“ oder „Knog Blinder“ – und finden sich nicht auf einem Portal für abenteuerlustige Fremdenlegionäre im Darknet, sondern in einem Bericht des Rennrad-Fachmagazins „Roadbike“. Über Fahrradlampen! „Swat“ ist eine Abkürzung für „Special Weapons And Tactics“ und bezeichnet normalerweise bewaffnete Sondereinheiten der Polizei und anderer robuster US-Behörden. Das Wort „Blinder“ dürften selbstbewusste Radfahrer hierzulande spontan mit „Blender“ übersetzen, auch wenn es eigentlich „Scheuklappe“ bedeutet. Was leider auch ganz gut passt.

Denn: Ihr Radfahrer, die ihr eure Bikes mit diesen und ähnlichen Produkten aufrüstet, bringt nicht nur euch selbst, sondern viele andere in Lebensgefahr! Wohl mit dem – verständlichen – Ziel, auch in winterlich dunklen Tagen deutlich zu sehen und gesehen zu werden, denkt ihr nur an euch und verhaltet euch mindestens so rücksichtslos, wie die Fahrradlobby es Pkw- und Lkw-Fahrern vorwirft.

Das wäre mal ein Thema für den Aktionstag 'Sicher Radfahren' der Polizei - nicht Speichenreflektoren zählen oder die Höhe des Rückstrahlers monieren, sondern die Leute aufklären wie sie ihre Lampe richtig ausrichten.

schreibt NutzerIn Alt.Treptower

Kaum die Kurve gekriegt

Erst vor wenigen Tagen hatte ich im Auto wieder so einen zu nah vor der Motorhaube. Es war an einem regnerischen Abend bei einer Fahrt durch ein Waldstück von Mahlsdorf nach Köpenick. Die Autofahrbahn und der Rad- und Fußweg sind auf dieser Strecke jeweils breit genug und mustergültig durch einen Grünstreifen getrennt. Straßenlaternen spenden Licht, damit kein nichtmotorisierter Verkehrsteilnehmer fürchten muss, von Wildschwein oder Fledermaus angefallen zu werden. Und doch strahlte mir eine rasant entgegenkommende Radfahrerin oder ein Radfahrer mit Flutlicht so hart ins Gesicht, dass ich arge Probleme hatte, die Kurve zu kriegen.

Wäre ich aus der Spur und in den Forst gefahren, hätte dieser Mensch wohl bereits genügend Strecke gemacht, um nicht von mir überfahren zu werden. Aber ist das die schöne neue Welt in der Stadt, die sich dank Bundessteuergeld „Schaufenster Elektromobilität“ nennen darf? E-Fahrräder, die mit 850 Watt Trittunterstützung und 45 Kilometer pro Stunde über Radwege brettern? Von Akkus gespeiste Radscheinwerfer, die den Weg und den Himmel darüber voll ausleuchten und Entgegenkommende blenden? Die Radler sitzen dabei in Spazierfahrthaltung auf dem Sattel, da es ja nicht anstrengt. Wie will man als Autofahrer deren Tempo einschätzen? Jetzt werden auch schnelle elektrische Roller zugelassen, die aussehen wie Kinderspielzeug.

Rasen wie ein Auto

Paragraf 67 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung regelt die notwendige und korrekte Beleuchtung von Fahrrädern. 2017 trat die jüngste Novelle in Kraft. Seither ist der relevante Abschnitt doppelt so lang und unübersichtlich.

Die Stiftung Warentest hat unlängst Akku-Fahrradlampen untersucht – natürlich nur zugelassene Produkte. Ergebnis: Das teuerste Lampenset „Supernova Airstream 2“ zum Preis von 248 Euro (!) bestach durch extreme Lichtstärke, ließ sich aber kaum korrekt befestigen und blendet daher andere Verkehrsteilnehmer.

Ihr wollt rasen und leuchten wie ein Auto? Dann benehmt euch auch sonst so, lernt das Abblenden und reiht euch in unseren Stau ein – statt auf der Überholspur zu blenden. Das ist sicherer für alle.

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