
© IMAGO/Funke Foto Services
„Fehlerkultur wird nur propagiert, nicht gelebt“: Berliner Polizeibeauftragter kritisiert Behörde und Staatsanwaltschaft
Seit anderthalb Jahren hat Berlin einen Bürger- und Polizeibeauftragten. Alexander Oerke kämpft für mehr Befugnisse und einen Kulturwandel in den Behörden.
Stand:
Knapp zwei Jahre nach seiner Amtseinführung hat der Bürger- und Polizeibeauftragte des Landes Berlin, Alexander Oerke, die Aufklärungsbereitschaft von Polizei und Staatsanwaltschaft bemängelt. Bei der Bearbeitung von Beschwerden wie auch bei der behördeninternen Fehlerkultur gebe es insbesondere bei der Berliner Polizei noch Luft nach oben, erklärte Oerke. Er verwies auf den Jahresbericht seiner Dienststelle, der am Donnerstag im Abgeordnetenhaus vorgestellt wurde.
Konkret bemängelte der noch unter Rot-Grün-Rot ins Amt gewählte Oerke die häufig langwierige Bearbeitung von Beschwerdeverfahren bei der Polizei. Ursache dafür sei die „förmliche Kommunikation“ innerhalb der Behörde, die pro Beschwerde bis zu 15 Steuerungs- und Mitzeichnungsschritte durchläuft, ehe der Fall wieder bei Oerke landet. „Es gibt Verbesserungsbedarf beim Bearbeitungstempo von Beschwerden bei der Polizei“, sagte der Beauftrage anlässlich der Vorstellung seines Jahresberichts.
Verbesserungsbedarf sieht Oerke darüber hinaus bei der Fehlerkultur innerhalb der Polizeibehörde. „Eine Fehlerkultur, die nur propagiert und nicht wirklich gelebt wird, verkennt die Chance, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen“, erklärte Oerke. Er betonte die Bedeutung einer „offenen und ehrlichen Fehlerkultur“, schränkte aber ein, dass die 27.000 Mitarbeitenden der Berliner Polizei in der überwiegenden Mehrheit der jährlich bis zu einer Million Einsätze „gute und wichtige Arbeit für die Stadt“ leiste.
Staatsanwaltschaft halte Unterlagen zurück
Kritik übte Oerke an der Berliner Staatsanwaltschaft. Weil diese in der Frage, welche Unterlagen dem Polizeibeauftragten zur Aufklärung von Beschwerden zur Verfügung gestellt werden, einen restriktiven Kurs vertrete, fehlten Oerke in konkreten Beschwerdefällen häufig die notwendigen Einblicke. In der Praxis würden alle Dokumente, die Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens sein könnten, nicht übersandt.
Sogar Aktenbestandteile, aus denen „unter Umständen“ auf den Inhalt von Ermittlungsakten geschlossen werden könnte, würden dem Polizeibeauftragten nicht offengelegt, heißt es im Jahresbericht Oerkes. Angesichts der derart beschränkten Aufklärungsbefugnisse hätten Beschwerdeführende schon die Frage gestellt, warum sie sich an den Polizeibeauftragten wenden sollten, erklärt Oerke im Jahresbericht.
Quantitativ zog Oerke eine positive Bilanz des Beschwerdeaufkommens im vergangenen Jahr. Von 41 Eingängen im zweiten Halbjahr 2022 habe sich die Summe aus Eingaben und Beschwerden auf 429 im Jahr 2023 erhöht – die deutliche Mehrheit der Beschwerden richteten sich gegen Handeln der Berliner Verwaltung. 2024 wandten sich bislang 175 Bürger und Bürgerinnen an Oerke und sein Team. Er rechnet damit, am Ende des Jahres den Wert von 600 Eingängen zu erreichen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: