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Der Flamingo Ingo ist mit 71 Jahren das älteste Tier des Zoo Berlin.

© Gregor Fischer/dpa

Berliner Senioren: Flamingo Ingo ist das älteste Tier im Zoo

Den Altersrekord im Berliner Zoo hält nicht etwa eine Schildkröte, sondern: ein Flamingo. Dass Tiere dort älter werden als in freier Wildbahn, hat seine Gründe.

Auf einem Gruppenbild ist er nicht leicht zu finden. Flamingos sind nun mal rosa. Ingo fällt da nicht weiter auf, er steht in einer Gruppe von etwa 20 Artgenossen im Berliner Zoo, die gerade mit der morgendlichen Gefiederpflege beschäftigt sind. Die Beine der Vögel stehen im Teichwasser, so dass Ingos roter Ring nicht zu sehen ist.

Vor ein paar Jahren musste der Zoo seine Geschichte umschreiben: Nicht das Gorillaweibchen Fatou, heute um die 60, sondern Ingo hält dort seitdem den Rekord. Er ist mit 71 Jahren das älteste Tier. Das stellte sich heraus, als die Zoomitarbeiter sahen, was auf dem alten Ring stand, den Ingo als Jungtier bekam: „Kairo, 23.6.1948“. Das war nicht der Geburtstag, aber ein Beleg für das ungefähre Alter. „Wir waren alle baff“, sagt der Vogelkurator Tobias Rahde. In Berlin stakst Ingo seit 1955 herum.

Komisch, warum waren die Vogelkuratoren über das Alter vom Ingo-Flamingo überrascht? [...] Klar wird bei jeder neuen Inventur nicht jeder Flamingo angefasst, umgedreht und abgelesen. Aber die Daten auf dem Ring am Flamingo-Beinchen sind ja eine Dokumentation.

schreibt NutzerIn Meinungsaustauscher

Wegfliegen können die Vögel nicht, da die Flügel kupiert sind, so wie es früher üblich war. Die rosa Farbe kommt vom Futter, das die Flamingos fressen. Im Zoo bekommen sie Pellets mit Krebstieren, Fischmehl und Betacarotin. Den Farbeffekt kann man mit Paprika verstärken, wie Rahde erzählt. Das funktioniert aber nur mit Rot. Blau färben kann man die Tiere nicht.

Bei Zootieren wie bei Menschen: Trend zum Alter

Bei den von Tierschützern häufig kritisierten Zoos ist es ein bisschen wie in der menschlichen Gesellschaft: Es gibt einen Trend zum Alter. Der Verband der Zoologischen Gärten verwies kürzlich auf eine Studie zu 50 Säugetierarten: Bei 84 Prozent davon lebten Zootiere länger als ihre wilde Verwandtschaft. In der freien Wildbahn wären viele Tiere schon gefressen worden, von Rivalen verdrängt, verhungert oder an Krankheiten gestorben. „Hier im Zoo kriegen sie die Rundumversorgung“, sagt Rahde. Zufällig liegt Ingos Gehege nahe den anderen beiden Senioren des Zoos.

Gorilla Fatou, Berlinerin seit 1959, schläft gerade. Der Legende nach kam sie mit einem Matrosen aus Afrika auf einem Schiff nach Frankreich. Dort wurde sie angeblich in einem Gasthaus als Zeche der Wirtin übergeben. Fatou gilt zusammen mit der gleichaltrigen Trudy aus einem Zoo im US-Bundesstaat Arkansas als der älteste Zoo-Gorilla der Welt. Ein paar Schritte weiter stapft die Asiatische Elefantenkuh Tanja (54) durchs Gehege. Markenzeichen: ein besonders faltiger Hals.

Die Gorilladame Fatou gehört mit circa 60 Jahren zu den ältesten Tieren im Zoo.
Die Gorilladame Fatou gehört mit circa 60 Jahren zu den ältesten Tieren im Zoo.

© Gregor Fischer/dpa

Rekordhalter in Deutschland dürften zwei Aldabra-Riesenschildkröten im Tierpark Hellabrunn in München sein: Sam und Eunjoe, die jeweils 157 Jahre alt sind. Bei Hagenbeck in Hamburg gibt es die ebenfalls sehr betagte Seychellen-Riesenschildkröte Otto (116). Gerade wurde der 1963 geborene Fritz, Europas ältestes Zoo-Gorillamännchen, eingeschläfert - wegen Altersschwäche, so der Nürnberger Tiergarten, der von einer echten „Tierpersönlichkeit“ sprach. Ältestes Tier im Berliner Tierpark ist übrigens ein sogenannter Nacktaugenkakadu mit Namen Pythagoras. Alter: 64 Jahre.

18 Flamingos fielen "Xavier" zum Opfer - Ingo nicht

Tiere nehmen allgemein auf alte Artgenossen nicht so viel Rücksicht wie Menschen. Die zoologische Leiterin von Hellabrunn, Beatrix Köhler, verweist dabei auf Hornträger wie beispielsweise Mhorrgazellen. Tiere, die Schwäche zeigen und die ganze Gruppe schwächen können, werden demnach „entsorgt“, da es biologisch keinen Sinn machen würde, sich mit dem schwachen Tier zu „belasten“. „Das wäre auch in Zoos der Fall, da die Tiere ja nicht unbedingt wissen, dass sie im Zoo keinen Gefahren ausgesetzt sind - es ist einfach ein Instinkt.“ Daher bekommen ältere Tiere häufig ein kräftigeres Futter und separate Futterplätze und Extrarationen. „So kann sichergestellt werden, dass auch ältere Tiere genügend Futter bekommen.“ Außerdem passen die Tierpfleger auf ältere Schützlinge besonders auf.

Ingo, der als einziger der Flamingos einen Namen bekam, hat in seinem Vogelleben Glück gehabt: 2017 hat er den Sturm „Xavier“ überstanden, bei dem 18 Flamingos von herabfallenden Ästen getötet wurden. Die Vögel wollten sich nicht in ihre Stallungen bewegen lassen. Normalerweise braucht es dafür mehrere Tage Vorlauf, auch weil die Tiere sehr sensibel sind. Ingo könnte auch noch einige Jahre leben, schätzt der Biologe Rahde. Der Vogel hatte lange Zeit eine Partnerin und hatte wohl auch schon Nachwuchs. Wer das Weibchen ist: schwer zu sagen angesichts der unübersichtlichen Vogelgruppe. „Sie ähneln sich doch schon sehr.“ (dpa)

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Caroline Bock

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