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Update

Freie Träger kritisieren die Hauptstadtzulage: „Für uns ist das ein Schlag ins Gesicht“

Der Senat will seinen Landesbediensteten ab November eine Zulage zahlen, Wohlfahrtsverbände und Kita-Träger sind empört.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der Senatsbeschluss für eine Hauptstadtzulage, von der fast 130.000 Beamte und Angestellte der Berliner Verwaltung ab November profitieren, wird von der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Berlin scharf kritisiert. „Für uns ist das ein Schlag ins Gesicht, wird sind einigermaßen sprachlos", sagte der Sprecher der Liga, Oliver Bürgel, dem Tagesspiegel. Die außertarifliche Zulage, in Höhe von monatlich 150 Euro brutto für Beschäftigte der unmittelbaren Landesverwaltung, verschärfe die Ungleichheit zwischen dem öffentlichen Dienst und den freien Trägern.

Bürgel, der gleichzeitig Landeschef der SPD-nahen Arbeiterwohlfahrt (Awo) ist, findet es auch indiskutabel, „dass der Senat es in Kauf nimmt, aus der Tarifgemeinschaft der Länder zu fliegen". Das sei schon „ein Hammer". Davon abgesehen treibe der Senat einen Keil zwischen die Berliner Verwaltung und die freie Wohlfahrtspflege, die im Auftrag des Staates „in großer Vielfalt wichtige Aufgaben wahrnimmt".

Freie Träger beschäftigen etwa 110.000 Mitarbeiter

Die Berliner Wohlfahrtsverbände beschäftigten insgesamt etwa 110.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die allermeisten unterhalb der Gehaltsgrenze (A13/E13), bis zu der die Hauptstadtzulage ausgezahlt wird. Sie profitierten aber nicht davon, sagt Bürgel.

„Wir sind wirtschaftlich nicht in der Lage, eine solche Zulage aus eigener Kraft an unsere Arbeitnehmer zu zahlen", sagte Bürgel. Diese leisteten aber, nicht nur in Kitas und sozialen Diensten, eine völlig vergleichbare Arbeit. "In der Coronakrise haben sich die freien Träger voll bewährt." Jetzt bestehe sogar die Gefahr, dass ein zunehmendes Gehaltsgefälle die ohnehin schon stattfindende Abwerbung von Mitarbeitern in die öffentliche Verwaltung beschleunige.

Leider habe sich der Senat, trotz intensiver Gesprächskontakte in den vergangenen Wochen, nicht einsichtig gezeigt, beklagte sich Bürgel. "Wir sind mit unseren Argumenten bei Senatsmitgliedern und Staatssekretären immer wieder abgeprallt."

Größter Berliner Kita-Träger spricht von Geringschätzung

Am Freitag meldete sich auch die "Fröbel Bildung und Erziehung GmbH" zu Wort, der bundesweit größte freigemeinnützige Träger von Kindertagesstätten. Mit dem Senatsbeschluss zur Hauptstadtzulage für die Berliner Verwaltung, "setzt sich die Geringschätzung der Leistung öffentlicher Träger durch die Regierungskoalition fort", teilte die in Berlin aktive Fröbel-Gruppe mit. Die Liga der Wohlfahrtsverbände, so wird gefordert, sollten bei den laufenden Verhandlungen mit dem Senat über eine Anpassung der Kitafinanzierung aus Protest ihre Unterschrift verweigern.

Die Akteure in der Koalition bekämen es auch nicht mit, "wie demotivierend es für die engagierten Kolleginnen und Kollegen bei den freien Trägern ist, wenn eine Heldenprämie zuerst versprochen und dann abgesagt wird, und eine Zulage nur den jetzt schon oftmals besser gestellten Fachkräften bei den öffentlichen Kita-Trägern zukommt", kritisierte Fröbel-Geschäftsführer Stefan Spieker.

Die umstrittene Hauptstadtzulage hat der Senat trotz eines ablehnenden Beschlusses der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) "in vollständiger Kenntnis der möglichen Konsequenzen eines Satzungsverstoßes" am Dienstag beschlossen. Die TdL muss nun über mögliche Sanktionen gegen das Land Berlin entscheiden.

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Der Unmut bei den anderen Bundesländern ist groß. Sie halten die außertarifliche Zulage, beschränkt auf Teile des öffentlichen Dienstes, angesichts der Coronakrise für "aus der Zeit gefallen". Außerdem werde der Flächentarifvertrag geschwächt. Die TdL erinnert außerdem an die "beschränkten Finanzmittel" der durch die Pandemiebekämpfung stark belasteten öffentlichen Haushalte.

Kritik an der Hauptstadtzulage hat es in Berlin auch von den Hochschulen und Universitäten gegeben, die eine solche Zulage aus den eigenen Budgets zahlen müssten. Dafür fehlt aber das Geld. Auch die Berliner Landesunternehmen wären berechtigt, ihren Arbeitnehmern monatlich 150 Euro brutto zusätzlich zu zahlen, das müssten sie aber ebenfalls aus eigenen knappen Mitteln stemmen.

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