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„Frieden, Freiheit, Menschlichkeit“: Eine gesamte Berliner Schule demonstriert für die Werte des Grundgesetzes
Das Lilienthal-Gymnasium ist bekannt für sein Engagement zur politischen Bildung. Jetzt bekam es als erste Berliner Schule die Genehmigung, sich anstelle des Unterrichts bei einer Demo zu versammeln.
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Eine ganze Schule geht für „Frieden, Freiheit, Menschlichkeit“ auf die Straße – und tauscht den regulären Unterricht gegen eine „Grundwerteversammlung“ am Rathaus Steglitz. Anlass ist der 76. Geburtstag des Grundgesetzes, der am Freitag gefeiert wird. Das kündigte Florian Bublys, Politiklehrer am Lichterfelder Lilienthal-Gymnasium, im Tagesspiegel an.
Das Besondere daran: „Erstmals in Berlin“ habe eine Schule von der Schulaufsicht die Genehmigung erhalten, „als gesamte Schule eine solche Demonstration zu organisieren und an der Demonstration teilzunehmen“, erläutert Bublys. Es handelt sich demnach offiziell um eine Schulveranstaltung nach dem Prinzip „Lernen an einem anderen Ort“.
Wir sind parteipolitisch neutral, aber den Werten der Verfassung verpflichtet.
Florian Bublys, Lehrer am Lichterfelder Lilienthal-Gymnasium
Gleichwohl bestehe keine Pflicht zur Teilnahme, denn „dies würde dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit zuwiderlaufen“, betont der Lehrer, der als Fachseminarleiter auch Referendare ausbildet.
Möglicherweise würden sich weitere Schulen anschließen, kündigte das Lilienthal-Gymnasium an. Dies war auch schon bei den vergangenen Lilienthal-Demos, etwa gegen den russischen Überfall auf die Ukraine und für Frieden, der Fall. Diese Demonstrationen fanden aber nach der Schule statt.

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Das Gymnasium hat sich bei seinem Antrag auf das Grundgesetz selbst bezogen, und zwar auf Artikel 8 zur Versammlungsfreiheit, sowie auf das Schulgesetz, wonach „die Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrages auch an Orten außerhalb von Schule erfolgt“.
Diese Demonstration sei „ein Novum“ und er sei „sehr glücklich“, dass der Bezug auf die Grundwerte der Verfassung es ermögliche, dass das „Neutralitätsgebot“ hier nicht gelte: „Wir sind parteipolitisch neutral, aber den Werten der Verfassung verpflichtet“, betont Bublys.
Autoritäres, menschen- und demokratiefeindliches Denken und Handeln nehmen zu, und diese Entwicklung macht auch vor der Schule nicht halt.
Aus der Begründung des Lilienthal-Gymnasiums für die Organisation der „Grundwerteversammlung“
Um sicherzugehen, dass ihr Plan gelingt und die Bildungsverwaltung zustimmt, hatte die Schule mehrere Experten wie Verfassungsrechtler und Politikdidaktiker hinzugezogen, die die Argumentation im Antrag der Schule gegenüber der Bildungsverwaltung stützen. Er habe zusammen mit Schulleiter Thorsten Beyer ein halbes Jahr an der Genehmigung gearbeitet und dabei „eine Lanze für das Eintreten der Schule für die Grundwerte gebrochen“, sagt Bublys.
Möglicherweise schließen sich weitere Schulen an
Der Versammlungszug soll am Freitag um 12 Uhr direkt vor der Schule starten. Die Route führt über den Hindenburgdamm zum Hermann-Ehlers-Platz am Bahnhof Rathaus Steglitz. Hier ist eine Abschlusskundgebung mit Redebeiträgen von Schülerinnen und Schülern geplant. Die Kundgebung endet gegen 14 Uhr.
Vorher findet bis 11.30 Uhr projektorientierter Unterricht im Rahmen des regulären Stundenplans statt. Für die Lehrkräfte bestehe die Möglichkeit, die Unterrichtszeit für inhaltliche Auseinandersetzungen mit dem Motto „Frieden, Freiheit, Menschlichkeit“ zu nutzen oder Schilder, Plakate sowie andere Zeichen der Anteilnahme und Solidarität anzufertigen, erläutert Bublys. Auf „nationalstaatliche Symbole“ wie Flaggen soll verzichtet werden.
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