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Rohre liegen auf der Baustelle auf dem Platz der Republik vor dem Reichstagsgebäude.

© IMAGO/Achille Abboud

Gestank im Berliner Regierungsviertel: Am Reichstag riecht’s nach faulen Eiern – jetzt soll Deo helfen

Wegen Bauarbeiten gibt es ein Problem mit der Kanalisation. Mit Technik und einem Deo versuchen die Berliner Wasserbetriebe, das Problem zu lindern.

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Im Berliner Regierungsviertel stinkt’s. Passanten berichten von einem unangenehmen Geruch vor allem im Bereich zwischen Reichstag und Spree. Da von faulen Eiern die Rede ist, liegt die Kanalisation als Quelle nahe. Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) sind bereits aktiv geworden und versuchen das Problem, über das zuerst „Bild“ berichtet hatte, zu bekämpfen.

Offenbar staut sich im Kanalsystem unter dem Regierungsviertel gelegentlich Abwasser, in dem eine Unzahl von Mikroorganismen ihr Werk tun. Das Phänomen ist weder neu noch aufs Regierungsviertel beschränkt, aber hier sind die Zutaten gerade optimal: Das lokale Abwassersystem ist wegen der Lage zwischen Spree und Tiergarten vom Rest der Stadt weitgehend unabhängig und durch die schwankende Büronutzung weniger gleichmäßig ausgelastet als anderswo. Hinzu kommen Bauarbeiten fürs künftige Besucherzentrum des Reichstages, die auch die Kanäle betreffen. Außerdem war es oft warm und hat kaum geregnet.

Der muffige Geruch entsteht nach Auskunft von BWB-Sprecher Stephan Natz durch die „Melange aus dem, was in der Kanalisation enthalten ist und chemisch umgesetzt wird“. Sollte es explizit nach faulen Eiern riechen, spricht das für Schwefelwasserstoff. Außerdem entstehe in den Kanälen oft Schwefelsäure, die zugleich das Material angreife.

Wir hatten sogar mal eine Stinke-Taskforce.

Stephan Natz, Sprecher der Berliner Wasserbetriebe

Als in den Nachwendejahren die Wassernutzung in Berlin drastisch sank und die Brühe entsprechend spärlich durch die zu groß gewordenen Kanäle rann, häufte sich das Problem Natz zufolge derart, dass die Wasserbetriebe eine „Stinke-Taskforce“ betrieben. Sie rückte gezielt zu Problemstellen aus. Seit durch das Wachstum der Stadt auch wieder mehr Abwasser durch die Kanäle fließe, stinke es seltener, aber auch jetzt gebe es sowohl notorisch spülbedürftige Stellen als auch Bedarf für akute Einsätze.

Nach Auskunft von Natz ist das Kanalsystem in Reinigungsklassen eingeteilt, wie es sie bei der BSR für die Straßen gibt. Allerdings ist die Frequenz der Reinigung beim Abwasser geringer: Sie reiche „von 14-tägig bis alle paar Jahre“. Akuter Handlungsbedarf ergebe sich oft durch mangelhafte Fettabscheidung in Restaurants: Das kalte Fett wird fest, verstopft die Rohre – und mästet Bakterien, die die Gerüche produzieren. Für die Gastronomie sind Fettabscheider vorgeschrieben, aber Natz rät auch Privatleuten, beispielsweise fettige Pfannen vor dem Abwaschen mit einem Küchentuch auszuwischen, damit die Rohre frei bleiben.

Zur Linderung akuter Probleme hängen die Wasserbetriebe mit Zitronenduft getränkte Gelplatten in die Schächte, wie eine Art Deo. Die können je nach Wetter ein paar Wochen lang gegen Gestank helfen. An einigen Stellen sei auch schon die Kanalisation umgebaut worden, um Abwasserstaus zu vermeiden. An anderen Stellen gebe man Metallsalze hinzu, um biochemische Prozesse zu bremsen.

Kräftige Regengüsse lassen zwar regelmäßig die innerstädtische Mischkanalisation in Spree und Landwehrkanal überlaufen, aber sind im Abwassernetz als „Gratis-Spülung“ durchaus willkommen. Im bisher extrem trockenen Jahr 2025 war dieser Service selten, aber das soll sich ändern: Wenn die Wetterprognose stimmt, dürfte die Luft auch im Regierungsviertel bald wieder rein sein.

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