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Containerdorf für Flüchtlinge in Marzahn-Hellersdorf - der Tag der offenen Tür am 10. Juli kann nur unter Polizeischutz stattfinden.

© imago/Christian Ditsch

Asyl in Berlin: Gewalt gegen Flüchtlinge wird kaum geahndet

Brandanschläge, Sachbeschädigungen, tätliche Angriffe: Auch in Berlin wächst die Gewalt gegen Flüchtlinge. Doch nach 20 Angriffen seit Januar kam es nur in einem Fall zur Anklage.

Von Matthias Meisner

In Berlin hat es seit Jahresanfang 20 Angriffe gegen Flüchtlingsunterkünfte gegeben. Das geht aus einer Statistik hervor, die "Zeit online" und "Die Zeit" zur wachsenden Gewalt gegen Asylsuchende erstellt haben. Unter diesen Fällen waren vier Brandanschläge, fünf tätliche Angriffe und elf Fälle von Sachbeschädigungen.

Von den vier Brandanschlägen ist ein einziger aufgeklärt - der vom 20. August in Marzahn. Ein Wachmann der Einrichtung hatte fünf dunkel gekleidete Personen mit brennenden Holzlatten in den Händen entdeckt. Als er die Gruppe anschreit, werfen sie die brennenden Latten über den Zaun. Laut Polizei landeten damals insgesamt neun Brandsätze auf dem Rasen. Die Gebäude wurden nicht beschädigt. In der Nähe des Tatorts nahm die Polizei mehrere Tatverdächtige fest. Die polizeibekannten Täter konnten dingfest gemacht werden, sie befinden sich in Haft. Ob die Tat politisch motiviert war, ist laut Polizeieinschätzung unbekannt, berichten "Zeit online" und "Die Zeit" weiter.

Keinen Tatverdächtigen gibt es dagegen nach dem Brandanschlag am 23. März in Berlin-Kreuzberg. Unbekannte hatten einen Molotow-Cocktail auf das Gelände der besetzten Gerhart-Hauptmann-Schule geworfen. Kleidungsstücke fingen Feuer und brannten ab. Ein Wachmann, der in der Nähe stand, blieb unverletzt. Das Verfahren ist eingestellt.

Nicht aufgeklärt sind die beiden weiteren Brandanschläge in Berlin - am 12. Juni in Charlottenburg und am 9. September in Marzahn. In Charlottenburg hatten Unbekannte Benzin durch das Fenster einer mit 240 Menschen bewohnten Flüchtlingsunterkunft gekippt, dieses aber nicht angezündet. Niemand kommt zu Schaden, aber es gibt auch keine Tatverdächtigen. Auch nach dem Brandanschlag vom 9. September in Marzahn gibt es keinen Tatverdächtigen. Dort war eine Bengalo-Fackel über den Zaun einer Flüchtlingsunterkunft geflogen. Die Polizei konnte sie austreten, der Staatsschutz ermittelt - aber einen Tatverdächtigen gibt es bis heute nicht.

Sachsen liegt bei der rechten Gewalt gegen Flüchtlingsunterkünfte klar vorn, dort registrierten die Behörden seit Jahresbeginn 64 Gewalttaten. Gering zu schätzen sind allerdings auch die Konflikte auch in Berlin nicht. Zweimal in Folge, am 9. und 10. November, zum Beispiel wurde ein Heim in Köpenick attackiert, erst mit einem Luftgewehr, dann mit einer Luftdruckwaffe. Die Kugeln prallten in beiden Fällen ab, der oder die Täter aber sind auf freiem Fuß.

Nicht abgeschlossen sind auch die Ermittlungen nach der Randale am 13. September vor dem Flüchtlingsheim am Blumberger Damm. Dort fielen ausländerfeindliche Sprüche, der Hitlergruß wurde gezeigt. Ein Teil der Gruppe zog dann weiter zu einer anderen Unterkunft. Mehrere Unbekannte versuchten, gegen drei Uhr in das Flüchtlingsheim zu gelangen, wurden aber vom Sicherheitsdienst daran gehindert. Ein Sicherheitsmann wurde mit einer Flasche beworfen. Die Polizei konnte die Täter fassen, aber sie sind weder inhaftiert noch verurteilt.

Frank Henkel will sich aktuell nicht äußern

Überhaupt nur in einem einzigen der Angriffe gegen Flüchtlingsunterkünfte wurde laut den Recherchen von "Zeit online" und "Die Zeit" Anklage erhoben - nach einem tätlichen Angriff am 18. Juli auf einen Flüchtling vor einer Unterkunft in Marzahn. Auch in diesem Fall gab es bisher kein Urteil.

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) hatte sich in der Vergangenheit mehrfach zu Anschlägen gegen Flüchtlingsunterkünfte geäußert. Die Senatsverwaltung verwies am Donnerstag auf eine Erklärung des Senators vom August. Henkel hatte damals, kurz nach den Auseinandersetzungen um die Flüchtlingsunterkunft im sächsischen Heidenau, unter anderem gesagt: "Auch in Berlin ist es zu menschenverachtenden und abstoßenden Vorfällen gekommen. Wenn Rechtsextreme auf Kinder urinieren oder mit brennenden Holzlatten an einem Flüchtlingsheim vorbeiziehen, dann sind rote Linien weit überschritten. Diese Eskalation ist besorgniserregend. Wo Gebäude brennen, brennen irgendwann auch Menschen. Gegen diesen Terror müssen wir uns mit aller Macht stellen und die Regeln unserer wehrhaften Demokratie entschieden durchsetzen."

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