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Großes Hallo. Sylviane Geißler und ihre Familie sind erleichert, nach einer Woche Ägypten wieder zurück in Berlin zu sein, ihr Freund Johannes Goltz begrüßt sie am Flughafen. Fotos: Paul Zinken

© Paul Zinken

Berlin: Glücklich zurück

Am Flughafen Tegel treffen Ägypten-Urlauber ein und sind erleichtert, wieder zu Hause zu sein. Auch in Hurghada gab es Demos

„Wenn die Bevölkerung anfängt zu hungern, macht der Urlaub keinen Spaß mehr“, sagte Nadine Geißler. Die letzten Tage hätte es für die Bürger in der ägyptischen Stadt Hurghada kein Brot und Käse mehr zu essen gegeben. „Und im Hotel haben wir wie die Maden im Speck gelebt“, sagte Mutter Karin Geißler.

Johannes Goltz drückt Sylviane Geißler fest an sich. Der 31-Jährige hat seine Freundin und deren Familie vom Flughafen abgeholt. Die fünfköpfige Truppe hatte ihren einwöchigen Urlaub in Hurghada bereits vor einem halben Jahr gebucht und war am Donnerstag zurückgekehrt. Ein mulmiges Gefühl hätten sie am Ende ihres Urlaubs schon gehabt. „Auch, weil wir uns die Informationen dort selbst zusammenstückeln mussten. Im deutschen Fernsehen wurde ja stets von Entwarnung für die Touristengebiete gesprochen.“ Nach dem Höllenbetrieb und stundenlangem Warten an der Gepäckaufgabe am Flughafen von Hurghada seien sie jetzt einfach nur froh, wieder zurück in Berlin zu sein.

Es sei ein absurdes Bild, das sich ihnen dort in den letzten Tagen geboten hätte, sagte Mutter Karin Geißler. „Während russische Touristen noch in riesigen Gruppen eingeströmt sind und die Engländer scharenweise ausgecheckt haben, wurden viele der Hotels nach und nach geschlossen und eine Ausgangssperre für die Urlaubsgäste verhängt.“ An ihrem Abreisetag am Donnerstag habe die Reiseleitungen die Urlauber dann an der Rezeption zusammengetrommelt und Zettel verteilt. „Darin wurden wir aufgefordert, unsere Bereitschaft zur sofortigen Ausreise zu unterschreiben. Die ausgefallenen Tage würden erstattet werden – auch das Bahnticket, falls der Zielflughafen woanders liege“, sagte Nadine Geißler. Viele Familien hätten im Anschluss diskutiert, ob sie den Urlaub abbrechen sollten. „Andere wollten ihn einfach weiter genießen. Manche haben sich sogar deswegen gezofft“, sagte Vater Uwe Geißler.

Nadine Geißler ist sich sicher, dass die große Rückkehrwelle aus den Touristengebieten jetzt anlaufen wird: „Dabei geht es in meinen Augen nicht um die Bedrohung vor politischen Ausschreitungen, sondern um die drohende Nahrungsmittelknappheit in den Orten.“ Ein Reiseleiter hätte die Vermutung geäußert, dass, wenn die Bevölkerung nichts mehr zu essen habe, die Hotels gestürmt werden könnten. Außerdem könnten diese ihren Gästen irgendwann selbst nicht mehr die versprochenen Standards bieten. Der Pilot ihrer Air-Berlin-Maschine habe den Gästen während des Fluges erklärt, dass in den nächsten Tagen sämtliche Touristen ausgeflogen werden würden. „Außerdem hat er sich für die Unannehmlichkeiten entschuldigt. Viele Urlauber mussten wohl spontan ihre Koffer packen, weil sie ausfliegen sollten,“ sagte Nadine Geißler.

Von einer kleinen Demonstration in Hurghada berichtete Tauchurlauber Robert Otte, der mit seinem Freund am Mittwoch nach der Ausgangssperre im Stadtkern ausgegangen und in einen Zug von etwa 200 Demonstranten geraten sei. „Es waren organisierte Mubarak-Anhänger zwischen 20 und 30 Jahren, die mit Plakaten durch die Straßen liefen. Die Gegner haben sich hingegen spontan formiert und versucht, dagegenzuhalten.“ Außerdem habe es mehrere „Pro Mubarak“-Autokorsos in der Stadt gegeben – den letzten am Tag seiner Abreise. „Stimmungsmache gibt es überall, da muss man sich nichts vormachen. Schließlich passiert dort gerade ein Umbruch im Land“, sagte Otte.

Während viele der Urlauber froh sind, zurück zu sein, gibt es immer noch einige Reiselustige, die sich die günstigen Last Minute Angebote nach Ägypten zu nutze machen. „Wir haben am Donnerstag eine Reise an zwei junge Frauen verkauft“, sagte Karina Gläske vom Alltours-Reisecenter am Flughafen Tegel. Wenn ich jetzt Urlaub hätte, würde ich auf jeden Fall noch hinfliegen, sagte Oliver Kriska, der eine Freundin vom Flughafen abholen wollte. Viele der Schnäppchenbucher seien Hobbytaucher, die sich die Chance auf einen günstigen Urlaub nicht entgehen lassen wollten, sagte Ahmed Abdel-Naeim, Besitzer des Reisebüros „Last Minute Extra“ am Flughafen Tegel. Statt 800 Euro kosteten bei ihm jetzt sieben Tage All-inclusive-Reisen nach Marsa Alam ans Rote Meer nur noch 209 Euro.

Abdel-Naeim stammt selbst aus Ägypten und ist traurig über die dortigen Entwicklungen. Auch geschäftlich laufe es schlecht, da er sich auf Asien- und Ägyptenreisen spezialisiert habe. „Das Problem ist, dass die Veranstalter die Reisen kostenlos stornieren, die Urlauber aber nicht woanders hinfliegen wollen und uns deshalb die Einnahmen fehlen.“ Seit Freitag liefen bei ihm massenweise Stornierungen ein. „Ich hoffe, dass sich die Probleme in Ägypten bald lösen. Schließlich lebt das Land zu 30 Prozent vom Tourismus.“ Hadija Haruna

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