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Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit

© Foto. dpa

Analyse: Groß in der Großstadt: Wo die SPD siegen will

Wowereit soll für die Bundespartei ein schwieriges Wählerklientel zurückgewinnen. Im Frühjahr wird er auf einem Kongress der SPD ein Manifest für die Großstädte vorstellen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

„Stadtpolitik ist Sache der SPD.“ Diesen überaus hohen Anspruch hat der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit vor der letzten Sitzung der Metropolenkommission formuliert, die er seit Februar 2008 leitet. Eine Arbeitsgruppe, gegründet vom SPD-Parteivorstand, um die „Zukunft sozialdemokratischer Politik in den großen Städten“ auszuloten. Zwar hat die Kommission erst zweimal getagt, aber Wowereit will die Klausurtagung der SPD-Abgeordnetenhausfraktion Ende Januar nutzen, um erste Ergebnisse vorzustellen und – mit Blick auf Berlin – zu diskutieren.

Ko-Referent wird Franz Walter sein, Professor für Parteienforschung in Göttingen. Seit 2007 leitet er ein Forschungsprojekt zu den „Auflösungsprozessen von Lagern und sozialmoralischen Milieus“ in europäischen Großstädten. Da wird er den Sozialdemokraten einiges erzählen, was ihnen nicht schmeckt. Denn das Credo des Berliner Stadtoberhaupts Wowereit, dass die „SPD bestimmende Kraft in den Metropolen sein muss“, stimmt mit der Wirklichkeit nicht überein. In sechs der zehn größten deutschen Städte stehen CDU-Oberbürgermeister an der Spitze: in Hamburg und Köln, Frankfurt/Main und Stuttgart, in Essen und Düsseldorf.

Und auch die CDU hat eine von der Bundespartei eingerichtete Großstadt-Kommission, übrigens unter Führung des ehemaligen Berliner CDU-Fraktionschefs Friedbert Pflüger. Im Wettlauf um eine Politik, die urbane Wählerschichten anlockt, will aber die SPD die Nase vorn haben. Wowereit wird im Frühjahr auf einem bundesweiten Kongress seiner Partei ein Manifest für die Großstädte vorstellen. Darüber hinaus soll er, so verlautet aus Parteikreisen, an vorderster Stelle – neben Franz Müntefering und Frank-Walter Steinmeier – den SPD-Bundestagswahlkampf 2009 mitbestreiten, um die wechselhafte städtische Klientel wirksamer anzusprechen.

In der Berliner SPD gibt es auch die heimliche Erwartung, dass ihr wichtigster Mann, der immerhin seit 2001 die Millionenstadt Berlin regiert, bei den Parteiwahlen Ende 2009 endlich zum Vize-Chef der SPD aufrückt. Angesichts des ungewissen Wahlausgangs im September und der Frage, was anschließend mit und in der Bundes-SPD passiert, verkneifen sich die Genossen aber eine vertiefte Diskussion über dieses Thema.

Trotzdem wird sich Wowereit in der nächsten Zeit nicht nur um Metropolen-Manifeste und Wahlkampfstrategien kümmern müssen, sondern auch um das reale Leben im Stadtstaat Berlin – in harter Konkurrenz zu den anderen Großstädten. Die stärksten Wettbewerber sind Hamburg und München, die ähnlich wie Berlin-Brandenburg nicht nur als Städte, sondern als wachsende Metropolenregionen agieren. Da plant jeder fürs eigene Beste. Weltoffenheit und wissensbasierte Wirtschaft, Kreativität und sozialer Zusammenhalt: Für die von Wowereit so formulierten Ziele einer modernen Großstadtpolitik gibt es keinen Alleinvertretungsanspruch. Und aus der 2007 angekündigten engen Zusammenarbeit zwischen den Nachbarn Berlin und Hamburg ist bisher auch nichts geworden. za

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