zum Hauptinhalt

Berlin: Großer Abschied

Brigitte Grunert geht nach fast 40 Jahren Journalismus in den Ruhestand – der Regierende lud zum Empfang

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Es war schon spät am Montagabend. Doch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit griff noch zum Rührlöffel – und zauberte eine Charlotte Lorraine. Sein Lieblingsdessert. Die süße Speise hat er für Brigitte Grunert gemacht. Im Wappensaal des Roten Rathauses lud der Regierende gestern zu einem Empfang für die landespolitische Korrespondentin des Tagesspiegels, die in den Ruhestand geht.

Dass ein Regierungschef eine Journalistin so offiziell verabschiedet ist selten. Geradezu einmalig. Aber Frau Grunert ist ja auch selten. „Ein Unikat“, sagte Senatssprecher Michael Donnermeyer. Geboren in Pankow, aufgewachsen in Friedrichshain und Werneuchen. 1965 Volontariat bei der „Morgenpost“, ab 1973 landespolitische Redakteurin beim „Abend“, seit 1980 in gleicher Mission beim Tagesspiegel. „Fast 40 Jahre eine Wegbegleiterin der Berliner Politik“, erinnerte Wowereit. Die Grande Dame des Rathaus-Journalismus sei sie und sehr humorvoll. „Aber Sie können auch ganz schön nervend sein.“ Da musste Brigitte Grunert lachen.

Eine Journalistin, die die SPD besser kannte als mancher SPD-Landesvorsitzender. Sagte Wowereit, und da lachte der sozialdemokratische Landeschef Peter Strieder, der auch Gast im Rathaus war. Viele kamen zum Empfang: Berufliche und persönliche Wegbegleiter wie Jürgen Engert und Lutz Krieger; Tagesspiegel-Herausgeber Hermann Rudolph und Redaktionsdirektor Gerd Appenzeller; die Fraktionschefs von SPD, PDS, Grünen und FDP; der CDU-Landesgeschäftsführer; Senatoren und Regierungsmitglieder a. D.; ehemalige Senatssprecher und viele, viele Kollegen. „Wenn schon so viel Tamtam ist, möchte ich auch ein paar Worte sagen“, sprach Brigitte Grunert. Sie sei ihrer Arbeit mit Lust und Liebe nachgegangen. Nun erledige sich das „durch Zeitablauf“. Kein Grund zur Freude, aber auch kein Grund zum Hadern. Aber sie widersprach denen nicht, die davon ausgehen, dass das Rentenalter nicht mit einem Schreibverbot verbunden ist. „Journalisten sollen nicht Politik machen, sondern beschreiben und kritisch begleiten“, lautete ihr Credo. Immer nahe dran am Geschehen – und trotzdem immer auf Distanz. Jene Politiker hätten ihr besonders imponiert, „die eine Linie haben und diese problembewusst vertreten“.

Über den Empfang hat sie sich gefreut, über die Blumen und die Charlotte Lorraine, an der sie sich bei anderer Gelegenheit schon einmal fast überfuttert hatte, wie sie erzählte. Mit Zimtsternen, auch selbst gebacken, habe er die Journalistin „beinahe mal eingewickelt“, sagte Wowereit. Beinahe. Brigitte Grunert lässt sich nicht einwickeln. Übrigens: Als Klaus Wowereit zu Hause in der Küche stand und die Süßspeise bastelte, war auch sie in der Küche und backte Käsekuchen – für die Redaktion.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false