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Die Berliner Kleingartenanlage am Plänterwald.

© imago/Arnulf Hettrich

Grüne sehen sich im Recht: Gutachten hält Sicherung aller Berliner Kleingärten für unzulässig

Ein Gutachten des wissenschaftlichen Parlamentsdienstes stuft ein Kleingartensicherungsgesetz als juristisch anfechtbar ein. Die SPD hält an ihrem Plan fest.

Im politischen Streit um den Schutz der Berliner Kleingärten haben die Grünen aus ihrer Sicht einen Etappensieg errungen. Ein nun vorgelegtes Gutachten des wissenschaftlichen Parlamentsdienstes unterstützt die grüne Position, dass ein Berliner Flächensicherungsgesetz zum Schutz aller Parzellen juristisch leicht anfechtbar wäre. Zuerst hatte die Berliner Morgenpost berichtet.

Damit geht die Debatte um die Sicherung der Berliner Kleingartenflächen in die nächste Runde. Alle Parteien im Abgeordnetenhaus wollen sie langfristig schützen. Die Frage, um die gerungen wird, ist das Wie. Die Hauptfrage ist, was rechtlich möglich ist - hier liegen vor allem die Grünen mit SPD und Linken im Streit, die ein Berliner Gesetz zur Sicherung aller Gärten wollen.

Das Gutachten, das dem Tagesspiegel vorliegt, verweist nun an mehreren Stellen auf die Zuständigkeit des Bundes in diese Sache, der im Bundeskleingartengesetzes bereits eine abschließende Regelung getroffen habe. Etwa, wenn es darum geht, ob das Land dazu verpflichten kann, dass Ersatzflächen bereitgestellt werden müssen, wenn Parzellen für andere Zwecke genutzt werden.

Das Bundeskleingartengesetz enthalte "detaillierte Regelungen zu allen rechtlichen Aspekten im Zusammenhang mit Kleingärten", heißt es in dem Gutachten. Die Autoren des wissenschaftlichen Dienstes im Abgeordnetenhaus schreiben: "Eine landesgesetzliche Regelung der Frage der Bereitstellung von Ersatzflächen bei Umwandlungen kleingärtnerisch genutzter Flächen in eine andere Nutzung, die über die bundesgesetzlich normierten Konstellationen hinausgeht, wäre wegen fehlender Gesetzgebungskompetenz des Landes unzulässig und nichtig."

Turgut Altug, Sprecher für Naturschutz der Grünen-Fraktion, sieht sich bestätigt: "Das Rechtsgutachten des wissenschaftlichen Parlamentsdienstes hat unsere Meinung bestätigt, dass das Land Berlin zur gesetzlichen Sicherung von Kleingärten leider keine Gesetzgebungskompetenz hat. Umso wichtiger ist es, nun den KEP 2030 so schnell wie möglich im Parlament zu Ende zu beraten und zu beschließen."

Grüne teilen Pläne von Linken und SPD nicht

Die Grünen hatten das Gutachten Ende Januar in Auftrag gegeben. Sie zweifeln an den Plänen von Linken und SPD, alle Kleingärten in Berlin mit einem sogenannten Flächensicherungsgesetz zu schützen. Mit dem bisherigen Kleingartenentwicklungsplan (KEP) wären rund 80 Prozent der Parzellen bis 2030 gesichert. Für weitere zehn Prozent existieren bereits Bebauungspläne. Doch auch ihnen wird bis 2030 eine Schutzfrist gewährt. 

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Nicht gesichert werden kann bislang ein minimaler Prozentsatz, der für den Ausbau von Kitas und Schulen benötigt wird, sowie Parzellen auf Privatgrundstücken, das sind knapp vier Prozent. Genau das wollen SPD und Linke ändern – und wollen den KEP mit einem Landesgesetz zur Sicherung aller Gärten verknüpfen. Sie argumentieren: Der KEP sei lediglich eine Art Selbstverpflichtung des Senats, kein wirklicher Rechtsschutz.

Daniel Buchholz, umweltpolitischer Sprecher der SPD, sagte dem Tagesspiegel: "Für uns kommt nicht unerwartet, was in dem Gutachten steht. Wir sind aber mit dem Bearbeitungsstand des Gesetzes auch schon ein gutes Stück weiter und zuversichtlich, dass wir damit durchkommen."

So sollten etwa nicht-landeseigene Flächen durch die Änderung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen gesichert werden. Buchholz wies daraufhin, dass der KEP Kleingartenflächen nicht rechtssicher schützen könne. "Der KEP ist ein reines Planungswerk und kein Sicherungsinstrument", sagte Buchholz.

Zweifel gab es schon vor dem Gutachten

Im Senat hatte es schon vor dem Bekanntwerden des Gutachtens die Auffassung gegeben, dass ein eigenes Landesgesetz juristisch kaum haltbar wäre, da es in Bundeskompetenzen eingreift. Das Bundeskleingartengesetz regele die Verhältnisse von Kleingärten bereits, hieß es schon Anfang Februar.

Umweltstaatssekretär Stefan Tidow (Grüne), Staatssekretär für Umwelt, sagte dem Tagesspiegel damals: „Man sollte bei den Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern keine falschen Erwartungen schüren und Hoffnungen wecken, solange nicht klar ist, ob man sie überhaupt rechtlich erfüllen kann.“ Buchholz wiederum erklärte, diese Bedenken seien im neuesten Entwurf aus seiner Sicht ausgeräumt.

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Auch der verfassungsrechtliche Schutz des Rechts auf Eigentum könnte unzulässig eingeschränkt werden, wenn bestimmte Flächen für Kleingärten dauerhaft reserviert werden, hieß es schon damals. Das Gesetz erschwere außerdem eine „integrierte Stadtentwicklung unter Abwägung aller Interessen“. Im Senat wird eine Klagewelle der privaten Eigentümer erwartet. Es wird auf Urteile des Bundesverfassungsgerichts verwiesen, wonach weitere Sonderrechte der Kleingärtner nicht begründbar seien.

Rund drei Prozent der gesamten Stadtfläche ist von Kleingärten belegt. Das sind 2900 Hektar oder 4062 Fußballfelder mit 71.000 Parzellen. Bedroht sind die Grünanlagen vom Wohnungs- und Straßenbau oder neuen Kitas, kurz: den Begehrlichkeiten der Stadtplaner.

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