zum Hauptinhalt

Berlin: Grüner Kohl und liberaler König

Doppelt abgewählt hält offensichtlich besser. Sigmar Gabriel , der niedersächsische Ministerpräsident, der kürzlich eine saftige Niederlage einfuhr, ist nun auch nicht mehr König.

Doppelt abgewählt hält offensichtlich besser. Sigmar Gabriel , der niedersächsische Ministerpräsident, der kürzlich eine saftige Niederlage einfuhr, ist nun auch nicht mehr König. Denn seit Montagabend amtiert ein neuer Kohlkönig. Auf dem 46. „Defftig Ollnborger GröönkohlÄten“ (Hochdeutsch: deftiges Oldenburger Grünkohlessen) wurde Guido Westerwelle zum König ernannt. Offizielle Begründung seiner Wahl: Er kann den meisten Kohl vertilgen. Am Rande des Festessens war jedoch zu hören, dass es parteipolitisch immer hübsch reihum gehe mit der Majestätenwürde. Ginge es streng nach dem Appetit, wäre Karl-Heinz Funke , der alte Landwirtschaftsminister und Kohlkönig von 1993, sicherlich Majestät auf Lebenszeit. Immerhin steht Funke dem so genannten Kurfürsten-Kollegium vor, das den neuen König „ermittelt“. Funke lobte den FDP-Mann, dass er „bannig good“ gegessen hätte; seine Zweifel an dieser Wahl wollte das SPD-Urgestein aber nicht verhehlen: „Muss Westerwelle neben Fallschirmspringer Möllemann diese Last denn nun auch noch übernehmen?“

In der Niedersächsischen Landesvertretung in den Ministergärten hatte Westerwelle aber erstmal eine ganz andere Last: mit Funkes vor Witz und kleinen politischen Bösartigkeiten sprühenden Rede auch nur halbwegs mitzuhalten. Artig lobte der FDP-Chef den Kohl, den er als Westfale sogar selbst kochen könne. Eifrig sagte er in jedes Mikro: „Wer morgens den Vögeln schon die Körner wegisst, der wird nicht fröhlich.“ Ob Kohl nun fröhlich macht, sei dahingestellt, jedenfalls machte er die gut 200 Gäste satt. Zu Tische saß nicht nur das nahezu komplette niedersächsische Kabinett, was Oldenburgs Bürgermeister Dietmar Schütz als „Abschiedsessen für die abgelösten Minister“ kommentierte, sondern auch der designierte Ministerpräsident Christian Wulff von der CDU. Auf Berliner Kochkünste vertrauten die Oldenburger nicht, sie karrten den Kohl im VW-Bus heran.

Jedoch: Kohl ist nicht Kohl und Kohlkönig nicht gleich Kohlkönig, da sei schon die oldenburgisch-bremische Konkurrenz vor. Denn die Bremer kürten ihren eigenen König, der am Dienstagabend erstmals eine Königin war: Marieluise Beck . Die grüne Ausländerbeauftragte der Bundesregierung löste Bremens CDU-Chef Bernd Neumann ab. Die beiden rivalisierenden Städte hören es zwar nicht gerne, aber es gibt viele Parallelitäten: Dem 46. Oldenburger „Äten“ am Montag entsprach am nächsten Tag die 46. „Bremer Rolandrunde“, und auch den Kohl samt Koch holte man sich im Auto von der Weser ab. Nur der Kohl wird nie derselbe sein: Denn der Grünkohl heißt in Bremen Braunkohl. Ha

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false