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Berlin: Gut abgehangen

Im Adlon rollte eine Lawine von Auszeichnungen über Hotelchefs und Köche: Der „International Star Diamond Award“ ist der Kneipen-Oscar der Luxusklasse

Viele ältere Herren gehen gern mit hübschen jungen Frauen essen. Allerdings organisiert das kaum jemand so professionell wie Joseph W. Cinque, der dafür eigens die hochmögende „American Academy for Culinary Sciences“ gegründet hat, bei deren Veranstaltungen er nie ohne mindestens eine Miss Alabama auftaucht. Größere Auftritte erfordern sogar mehrere preisgekrönte Schönheiten; der besondere Rang der großen Academy-Preisverleihung im Adlon am Sonnabend ist daran abzulesen, dass Miss Universum, Miss America und Miss Teen USA gleichzeitig Bein an Bein standen und zuckrig lächelten, während eine Lawine von Auszeichnungen über Hoteldirektoren und Köche niederfuhr. Und es waren überdies vier fast ebenso miss-taugliche Schönheiten namens „Bond“ angereist, die eine Art Geigen-Ballett aufführten.

Gleichzeitig hagelte es vom Playback Musik über die 250 geladenen Gäste, die ungefähr so klang, als wären die Berliner Philharmoniker zur Hälfte auf Maschinenpistolen umgestiegen. Den glamourösen Reigen vervollständigte der gut abgehangene, in allen Solarien der zivilisierten Welt gegerbte Hollywood-Mime George Hamilton, und ein Grußwort Donald Trumps per Video gab der Veranstaltung Rundung und Würze.

Ach ja: Vergeben wurde der „International Star Diamond Award 2004“, gewissermaßen eine Art Kneipen-Oscar der S-Klasse.

Wir können also festhalten, dass Adlon-Chef Jean van Daalen weiter als einer der besten Hoteliers der Welt zu gelten hat und sein Küchendirektor Rainer Sigg als einer der besten Küchenchefs. Das beste Auto der Welt heißt Maybach, der beste Koch der Welt Jean-Georges Vongerichten aus New York, und die „legendärste und exklusivste Privatjacht für Führungspersönlichkeiten“ hört auf den Namen „Christina O.“ Nach welchem System all diese Erkenntnisse ermittelt wurde, blieb weitgehend unklar; Michael Hoffmann vom Berliner Restaurant „Margaux“, der nun neben Kolja Kleeberg („Vau“) ebenfalls irgendwie zu den besten Chefs der Welt gehört, betonte immerhin, dies habe ihn nichts gekostet. Er musste nicht einmal das Essen kochen, denn das besorgten die in der Welt-Kochlöffel-Hierarchie weiter oben angesiedelten Kollegen Jean-Georges Vongerichten, Annie Feolde, Jean-Claude Bourgeuil, Marc Haeberlin und Ferran Adria zusammen mit den Fachkräften des Hauses. „Das alles“, sagte ein aus dem Norden angereister Gastronomie-Spezialist zur Würdigung der Veranstaltung insgesamt, „wäre in Hamburg nicht möglich“. Es klang wie ein Lob für Hamburg.

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