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Berlin: Gut ausgelegt

Vor zehn Jahren erschien erstmals das Magazin „030“. Das wird heute gefeiert

In der Büroküche kleben sie ordentlich nebeneinander: Flyer und Postkarten von Clubs, auf denen Partys angekündigt werden. Flyer von Clubs, die es längst nicht mehr gibt. Eine romantische Dekoration mit der die Geschichte des „030“-Magazins begann. „Für die erste Ausgabe haben wir hunderte Flyer gesammelt und die Partydaten abgedruckt“, sagt Redakteur Jan Linkersdorff. Das hätten sie danach nie wieder gemacht, denn fortan meldeten sich die Clubs bei ihnen. Seit zehn Jahren geht das so, und deshalb feiert das Umsonstmagazin heute eine Party in der Kulturbrauerei.

Seit September 1994 meldet „030“ alle zwei Wochen die Partys in den Clubs, pro Tag können das mehr als 100 Termine sein. Es gibt für jeden Abend Empfehlungen der Redaktion und mehrere Kolumnen, CDs werden vorgestellt und Kinodaten genannt. Seit einem Jahr gibt es eine Beilage, in der unter dem Titel „Gossip“ fotoreich von Partys der vergangenen Wochen berichtet wird. Das Heft mit einer Auflage von 700000 Stück liegt an 700 Orten der Stadt aus.

Linkersdorff und Sauerbrey sind von Anfang an dabei. „030“, benannt nach der Berliner Telefonvorwahl, war etwas Neues damals in Berlin. Andere Städte hatten längst Gratisblätter, „030“ entstand, so sagen die beiden, „als Nachwendeprodukt“. Als Ost-West-egal-Produkt. Als Magazin für das, was sie das „neue Berlin“ nennen. Die Westverbundenheit der Bezahlmagazine Zitty und Tip war für Linkersdorff und Sauerbrey deutlich sichtbar – der eine ist aus Friedrichshain, der andere aus Mitte.

Als das „030“ begann, waren beide nachts viel unterwegs, 1994 zog die Love Parade noch über den Ku’damm, 1994 waren E-Werk und Tresor die Adressen für die Clubgänger. Linkersdorff und Sauerbrey studierten damals noch an der HdK, daher kennen sie sich. Die Szene hat sich in den Jahren geändert, vieles ist etablierter geworden, aber dafür sei auch immer wieder Neues gekommen, sagt Sauerbrey. Vom Clubsterben will er nichts hören. So lange es Orte gebe, an denen sich etwas entwickeln könne, so lange werde es immer wieder Neues geben in Berlin.

Sauerbrey und Linkersdorff rechnen sich und die zehn bis zwölf „030“-Mitarbeiter der Szene zu, über die sie berichten. Deshalb seien sie auch gut informiert. Politische oder investigative Berichte gibt es nicht. Das Heft habe in erster Linie Nutzwert. „Wir zeigen den Leuten Orte, an denen sie Spaß haben können“, sagt Sauerbrey. Und manchmal trifft er dabei auf sein Vorwendeleben. Wie einmal, als im Gemeindehaus der St. Elisabeth-Kirche an der Invalidenstraße die Lisa-Lounge eröffnete. „Da habe ich als Kind den Josef im Krippenspiel gespielt“, sagt Sauerbrey. Hallelujah, mehr Ortskenntnis kann man kaum haben.

Party zu zehn Jahren „030“, heute, ab 18 Uhr in der Kulturbrauerei, mehr als 60 verschiedene Auftritte mit Livebands und DJs. Eintritt zehn Euro.

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