
© Imago/Sabine Gudath
Hamburg als Vorbild für Berlin?: Grüne fordern Reform des Mietspiegels
Der Mietspiegel bestimmt für zahlreiche Wohnungen, wie hoch die Mieten maximal steigen dürfen. Die Berliner Grünen fordern nun, die Berechnungsgrundlage anzupassen – nach dem Beispiel der Hansestadt.
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Es ist das wichtigste Instrument zur Begrenzung von Mietensteigerung: Seit vergangenem Jahr hat Berlin wieder einen qualifizierten, sprich rechtssicheren, Mietspiegel. Nun fordern die Berliner Grünen, die Berechnungsgrundlage für den Mietspiegel anzupassen. „Wir brauchen einen Mietspiegel, der Immobilienspekulation nicht belohnt“, sagte die wohnungspolitische Sprecherin der Grünen, Katrin Schmidberger, am Donnerstag im Abgeordnetenhaus.
Der Mietspiegel bietet einen Überblick über die sogenannten ortsüblichen Vergleichsmieten. Bestandsmieten dürfen, außer nach Modernisierung, nur bis zu dieser Vergleichsmiete angehoben werden. Auch bei Neuvermietungen spielt der Mietspiegel eine Rolle. Die Vergleichsmiete darf bei neuen Mietverträgen in Häusern, die vor 2014 gebaut wurden, nur um maximal zehn Prozent überschritten werden.
Die Wohnlage – ein umstrittener Faktor
Entscheidend für die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete ist neben Ausstattung und Baujahr auch die Wohnlage. Genau hier wollen die Grünen ran. Unterschieden wird im Mietspiegel zwischen einfacher, mittlerer und guter Wohnlage, was jeweils zu niedrigeren oder höheren Vergleichsmieten führt. Laut Schmidberger wurden im Mietspiegel 2024 zahlreiche Wohnhäuser hochgestuft, was schließlich Erhöhungen von bis 100 Euro für die Betroffenen zufolge gehabt habe.
Gesetzeswidrige Mieten sollten aus den Daten technisch herausgefiltert werden.
Forderung von Katrin Schmidberger, wohnungspolitische Sprecherin der Grünen
Für die Berechnung der Wohnlage sind mehrere Faktoren entscheidend, unter anderem Begrünung, Lärmbelästigung, Entfernung zu Zentren, die sozialen Zusammensetzung der Nachbarschaft (Statusindex) und die Bodenrichtwerte. Die letzten beiden Indikatoren dominieren und fließen zu jeweils mehr als 25 Prozent in die Bewertung der Wohnlage ein.
Laut Grünen ist das zu viel, da Mieterinnen und Mieter von steigenden Bodenrichtwerten und der wirtschaftlichen Lage ihrer Nachbarn an sich nichts haben. Schmidberger fordert daher, dass Statusindex und Bodenrichtwerte zusammen nicht mehr mit rund 50, sondern nur noch 37 Prozent der Berechnung der Wohnlage ausmachen. Als Vorbild nennt Schmidberger die Stadt Hamburg.
Die Senatsverwaltung für Wohnen zeigt sich jedoch auf Tagesspiegel-Anfrage nicht überzeugt von dem Vorschlag. Die Gewichtung der Indikatoren sei „das Ergebnis des in Berlin verwendeten statistischen Verfahrens der Bestimmung der Wohnlage“, sagte Sprecher Martin Pallgen. „Bei einer Mietspiegel-Erstellung nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen besteht grundsätzlich keine Möglichkeit, in statistische Verfahren zur Wohnlagenaktualisierung beziehungsweise in die Datenanalyse einzugreifen.“
Das verwendete Verfahren werde außerdem von allen Verbänden, also auch den Mieterverbänden, in der „Arbeitsgruppe Mietspiegel“ nicht nur mitgetragen, sondern auch ausdrücklich gebilligt. Pallgen kündigte an, dass der Mietspiegel 2026 „auf Basis des bisher bewährten statistischen Modells“ vorgenommen wird.
Auch einem anderen Vorstoß von Schmidberger erteilte Pallgen eine Absage. Die Grünen-Politikerin fordert, dass „bei der Erhebung der Mietspiegel-Daten gesetzeswidrige Mieten aus den Daten technisch herausgefiltert werden“. Hintergrund ist, dass zahlreiche Vermieter sich nicht an die Vorgaben im Mietspiegel halten – und Mieter aus Unwissenheit oder Angst dennoch zustimmen. Diese Mietsteigerungen fließen unter Umständen dann in neue Mietspiegel ein.
Senat will am bisherigen Modell festhalten
Ein Herausfiltern sei jedoch nicht möglich, so Pallgen „Die Bestimmung von ‚gesetzeswidrigen Mieten‘ würde die Kenntnis aller Vertragsbestandteile voraussetzen. Das ist nicht Gegenstand der Mietspiegelerstellung.“ Zudem verstoße nicht jede auf den ersten Blick hoch oder sehr hoch erscheinende Miete gegen die Mietpreisbremse, da es für diese zahlreiche Ausnahmen gibt.
Der Berliner Mietspiegel gilt in Berlin für rund 1,4 Millionen Wohnungen. Ob er bei neuen Mieten in Zukunft überhaupt seine preisdämpfende Wirkung entfalten kann, wird auch von der Bundestagswahl abhängen. Die Mietpreisbremse, die Neumieten auf maximal 10 Prozent über der Vergleichsmiete begrenzt, läuft zum Jahresende aus. Über eine Verlängerung entscheidet der Bundestag. SPD und Grüne wollen die Mietpreisbremse verlängern, die CDU will sie überprüfen, tendiert aber dazu, sie auslaufen zu lassen.
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