Berlin: Hausverbot für Lehrer
In Friedrichshagen warf die Polizei das Kollegium raus – das darf an der Novalis-Schule nicht unterrichten
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Die Polizei hindert Lehrer daran zu unterrichten – auch so etwas passiert gelegentlich in dieser Stadt. Gestern Morgen versuchten Pädagogen der Novalis-Schule in Friedrichshagen, in ihre Klassen zu kommen, doch der Schulträger, die „Freie Pädagogische Vereinigung“ rief die Polizei zu Hilfe. Seit einer Woche hat das gesamte Kollegium der Novalis- Schule Hausverbot. Folge: Der Unterricht fällt aus. Hintergrund ist ein skurriler Streit um Abrechnungen und Gehaltszahlungen. Dahinter wiederum wird um Macht und Einfluss gerangelt.
Die Novalis- Schule ist eine Privatschule, die nach der Waldorf-Pädagogik arbeitet. Derzeit werden etwa 150 Schüler von 20 Lehrern und einigen Honorarkräften unterrichtet. Am Anfang des Schuljahres waren es noch 200 Schüler. Wegen der Querelen haben viele Eltern ihre Kinder von der Schule genommen. Nun droht der finanzielle Kollaps.
Die Schule erhält Zuschüsse vom Senat, die sich an der Zahl der Kinder bemessen, muss die Gelder aber selbst verwalten. Bisher machten das die Lehrer in Eigenregie. Über einen Verein wurden die einzelnen Gehälter festgelegt und Anschaffungen getätigt. Dafür erhielt der Lehrerverein monatlich eine pauschale Summe vom Trägerverein der Schule, in dem die Eltern organisiert sind. Der wiederum deckte seinen Finanzbedarf durch die Senatszuweisungen und Elternbeiträge.
Im Oktober 2006 wurde im Trägerverein ein neuer Vorstand gewählt, der nun erstmals vom Lehrerverein Rechenschaft über die Verwendung der Gelder forderte. Die Lehrer lehnten ab. Dazu seien sie vertraglich nicht verpflichtet, sagt Frank Deubrecht vom Vorstand des Lehrervereins. Es sei gute Praxis, dass die Eltern die einzelnen Gehälter der Lehrer nicht kennen und die Lehrer im Gegenzug nicht wissen, wie hoch die Elternbeiträge im Einzelnen sind. Die Lehrer konnten bisher selbst über Neuanstellungen und Kündigungen befinden. Auch das missfällt vielen Eltern.
Der Streit ließ sich auch durch eine Mediation nicht schlichten. Im Februar kündigte der Trägerverein den Lehrern pauschal den „Dienstleistungsvertrag“ und stoppte die Zahlungen. Die Lehrer bekommen kein Gehalt mehr, fühlen sich aber nicht gekündigt, weil sie ja beim Lehrerverein angestellt sind.
Die Eltern vom Trägerverein suchen nun nach neuen Lehrern – zehn seien schon gefunden, sagt Angela Jaeche vom Trägerverein. Die „alten“ Lehrer sind für heute zum „Bewerbungsgespräch“ eingeladen. Der Unterricht soll ab Montag wieder regulär stattfinden. Die Schulaufsicht hat angekündigt, das zu überprüfen. Fällt die Prüfung negativ aus, kann die Senatsschulverwaltung die Genehmigung entziehen. Dann wäre für die Novalis-Schule nach sieben Jahren Aufbauarbeit abrupt Schluss. In Berlin gibt es neun Waldorfschulen, die in einer Landesarbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen sind. Die Novalis-Schule gehört nicht zu dieser Arbeitsgemeinschaft.
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