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Auf vielen privaten Parkplätzen ersetzen Kameras mit KI die Schranken.

© PR/Wemolo

Hilfe für Autofahrer: Berliner Getränkehändler öffnet drei Parkplätze nachts für Anwohner

Jeden Abend dasselbe: Während sich die Parkplätze vor Supermärkten und anderen großen Läden leeren, suchen Anwohner vergeblich nach einer Lücke am Straßenrand. Ein Pilotprojekt soll das ändern.

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In Berlin und dem Umland ist ein Pilotprojekt gegen den chronischen Parkplatzmangel gestartet: Vor zunächst drei Filialen von Getränke Hoffmann dürfen nachts Autos geparkt werden – gegen Gebühr, die wahlweise als Tages-, Wochen- oder Monatstarif bezahlt werden kann. Der Test zielt auf das Dilemma, dass vor allem Anwohner abends oft keine freien Stellplätze finden, aber die leeren Flächen vor Geschäften nicht nutzen dürfen.

Eine Kooperation von Getränke Hoffmann und dem Unternehmen Wemolo – nach eigener Aussage Marktführer für digitale Parkraumlösungen – ermöglicht Nutzern, ihr Auto über Nacht vor einer von zunächst drei Filialen zu parken: am Tierpark in Friedrichsfelde, am Europasportpark in Prenzlauer Berg sowie nahe dem chronisch überfüllten Pendlerparkplatz am S-Bahnhof Zepernick in der Gemeinde Panketal.

Gebucht werden kann für die Zeit von 17 Uhr bis 9.30 Uhr. In Friedrichsfelde und Zepernick kostet die Nacht drei, die Woche zwölf und der Monat 30 Euro. In Prenzlauer Berg ist es mit zwei, acht und 20 Euro billiger.

Kameras und KI erfassen die Kennzeichen der Autos

Technische Basis für dieses Angebot ist ein Kamerasystem, das die Kennzeichen der Autos erkennt. So kann eine Software prüfen, ob bezahlt wurde. Viele Berliner Supermärkte und Discounter haben in den vergangenen Monaten bereits ihre Parkplatzschranken abgeschafft und durch elektronische Überwachung ersetzt.

Die spart tagsüber die Parkscheibe – und erkennt, wer die meist auf eine bis zwei Stunden limitierte Zeit überschreitet. Da die Parkplätze Privatgelände sind, können die Geschäfte bei Verstößen weitgehend nach Belieben kassieren oder den Abschleppwagen rufen.

Das Pilotprojekt wird nach Auskunft der Beteiligten wissenschaftlich begleitet. Aus den Nutzungsmustern sollen sinnvolle Preismodelle und Empfehlungen für weitere geeignete Flächen ermittelt werden. Getränke-Hoffmann-Geschäftsführer Mario Benedikt erklärt, als Berliner Familienunternehmen wolle man helfen, vorhandene Ressourcen sinnvoll einzusetzen und zur Lebensqualität in den involvierten Kiezen beitragen. Die nächtliche Freigabe ungenutzter Flächen passe zur Mehrweg-Philosophie des Unternehmens.

Zwar hat der Senat keinen Überblick über die Menge privater Parkplätze, aber das Potenzial für die Ausweitung des Pilotprojekts dürfte immens sein: Allein Getränke Hoffmann betreibt in Berlin rund 90 Filialen. Hinzu kommen hunderte Supermärkte und Discounter, die zusammen über mehrere zehntausend Stellplätze verfügen.

Tristan Thaller von der für die Kommunikation zuständigen Agentur Scrivo berichtet von zähen Vorbehalten des Einzelhandels gegen die nächtliche Freigabe seiner Flächen. Denn Studien hätten gezeigt, dass ein voller Parkplatz zu weniger Umsatz führe, weil vorbeifahrende Kunden glaubten, im Laden herrsche gerade Gedränge. Zugleich wisse man aus Erfahrung, dass selbst gut gemanagte Parkplätze – bezogen auf die gesamte Zeit – nur zu 20 bis 30 Prozent ausgelastet seien.

In Innsbruck machen schon mehrere Supermärkte mit

Was jetzt in Berlin startet, läuft in Innsbruck schon in größerem Maßstab. Dort können Bürger über Wemolo vor etwa einem Dutzend Supermärkten ihren Parkplatz buchen. Der Mangel in der Tiroler Landeshauptstadt ähnelt dem in manchen Berliner Kiezen, wo mehr Anwohnervignetten ausgegeben wurden, als Stellplätze vorhanden sind.

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Kraftfahrzeuge waren zum Stichtag 1. Januar 2025 in Berlin zugelassen.

Thaller verweist auf eine Studie, derzufolge der innerstädtische Autoverkehr zu einem Drittel aus Parkplatzsuche besteht. Entsprechend aufgeschlossen sei die Lokalpolitik, wo immer man das Konzept präsentiere.

In Krefeld können Anwohner nachts bei Aldi parken

Ganz aktuell berichtet das Fachmagazin „Lebensmittel Praxis“ von einer Vereinbarung aus Krefeld, wo Aldi (Süd) einen Parkplatz nachts und an Sonntagen für zahlende Anwohner öffne. Ein Aldi-Manager signalisiert Bereitschaft, das zunächst auf ein Jahr befristete Projekt auszuweiten, wenn es sich bewährt.

Sie drehen ihre Runden: Verkehrschaos im Berliner Bezirk Pankow.

© imago/Rolf Zöllner/imago/Rolf Zöllner

Nach Auskunft von Thaller bietet sich das Konzept auch für Parkplätze von Büro- und Verwaltungsgebäuden an, erst recht in der Nachbarschaft von Veranstaltungsstätten, in denen am Wochenende am meisten los sei.

In Berlin wird der Parkplatzmangel immer größer, weil die Zahl der Autos bis zum vergangenen Jahr wuchs, während die Gesamtfahrleistung schon seit rund 25 Jahren abnimmt. In der Hauptstadt sind rund 1,5 Millionen Kraftfahrzeuge zugelassen, die statistisch etwa 23 Stunden am Tag herumstehen.

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