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Berlin: Hin und weg von Berlin

Berufsreisende aus aller Welt haben während der ITB auch die Nächte durchgefeiert – und dabei eine faszinierende Stadt erlebt

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Während der ITB haben Gäste aus aller Welt die Berliner Nächte durchgefeiert. Wie die Berlinale-Teilnehmer sind auch sie in einem Geschäft der Träume tätig, und ihre Partys haben die gleichen Kulissen. Sie fallen nur nicht so auf, weil die Touristiker ohne Filmstars gekommen sind. Was allerdings auffällt, ist der wachsende Enthusiasmus, den Berlin bei seinen Gästen auslöst. Als läge plötzlich so ein Zukunftsglitzern in der Luft. Swissôtel-Chef Meinhard Huck bat seine Gäste zu einer Motown- Party, wo sie ausgelassen tanzten, Wodka-Drinks mit Brausepulver tranken und die höchste Stufe des Fingerfoods in der Variante von Sterne- Koch Tim Raue genossen. Der Präsident der Italienischen Zentrale für Tourismus, Umberto Paolucci, und der Tourismus-Minister vom Kampanien, Marco di Lello, hingegen bewirteten ihre Gäste mit typisch italienischer Grandezza und dem bewährten Sinn fürs Dolce Vita im Ballsaal des Adlon.

Und in der Kuppel des Postfuhramts in der Oranienburger Straße traf sich eine hippe junge Party-Gesellschaft, um die Metropolen der Zukunft zu zelebrieren. Anlass war die Präsentation des Buchs „Phoenix: 21st Century City“, das der britische Verleger Edward Booth-Clibborn vorstellte, der trotz seiner weißen Haare und seines weisen Lächelns vom Independent als „UK’s hippest publisher“ – Großbritanniens angesagtester Verleger – bezeichnet wird, weil er mit seinen Büchern über Straßenkultur und außergewöhnliches Design „durch den Zeitgeist surft wie sonst niemand“.

Sein Phoenix-Band ist der vierte einer Reihe, in der bislang auch Bücher über Moskau, Brooklyn und Berlin erschienen sind. Neue Entwicklungen, schicke Restaurants, innovative Läden, das Beste was eine Stadt bieten kann, kombiniert mit der Freiheit, die Regeln zu brechen: das ist für den Briten Berlin. Und das Wichtigste: Die hohe Lebensqualität paart sich mit erschwinglichen Mieten und Lebenshaltungskosten. Das ist attraktiv für Künstler und Kreative von überallher. Da sieht er auch eine Parallele zum amerikanischen Phoenix. Die Wüstenstadt wächst jedes Jahr um 200 000 Einwohner, viele davon jung und künstlerisch tätig. Auch sie fühlen sich angezogen von bezahlbaren Mieten.

„Die Kreativen werden im 21. Jahrhundert die Rolle der treibenden Kraft spielen“, sagte Vernon Swaback bei der Buchpräsentation. Der Architekt aus Phoenix war zum ersten Mal nach Berlin gekommen, für drei Tage nur, und zeigte alle Anzeichen des Begeisterungsschock-Syndroms, das schon bei den Filmfestspielen an Berlin-Eleven immer wieder sichtbar wurde. „Berlin ist eine wunderbare, eine erstaunliche Stadt“, schwärmte er. „In der unmittelbaren Umgebung meines Hotels habe ich allein Bauwerke von den zehn wichtigsten Architekten der Welt gesehen.“ Nur drei Tage hatte er für Berlin vorgesehen. Ein Riesenfehler, wie er nach den ersten Spaziergängen befand. „Ich muss ganz bald wiederkommen, es ist unglaublich, was es alles zu sehen gibt.“

Rund 95 000 Fachbesucher haben sich in der vergangenen Woche auf der ITB nicht nur über Reiseziele in der ganzen Welt informiert. Sie haben auch Berlin kennengelernt. Wenn heute Abend und morgen früh die Flugzeuge starten, die all die Touristiker wieder zurück in ihre Heimat bringen, werden sie auch jede Menge neuer Berlin-Botschafter an Bord haben – eine bessere Werbung für Reisende kann die Stadt wohl kaum haben.

In dem Buch über Phoenix schreibt eine der Autorinnen, dass sie sich gewünscht hätte, in den 1860er Jahren in Paris oder in den 1910er Jahren in New York gelebt zu haben, Zeiten, in denen sich beide Städte dramatisch veränderten und ihren eigentlichen Charakter ausbildeten. In Phoenix fühlte sie sich in den letzten acht Jahren am richtigen Ort zur richtigen Zeit. Wer die letzten Jahre in Berlin verbracht hat, könnte das genauso empfinden.

Heute ist die ITB von 10 bis 18 Uhr für das Publikum geöffnet. Schon gestern kamen nach Angaben der Veranstalter Zehntausende aufs Messegelände.

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